Themenfelder

2. Umfang und Qualität von Angabepflichten sowie ergänzenden Informationen

Veröffentlicht: 21. Februar 2024 aus Rundschreiben Nachhaltigkeit 1-2024
Von: Anna Margareta Gehrs, Sebastian Behrens

Der erste Querschnittsstandard definiert die verbindlichen Konzepte und Grundsätze, die bei der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) anzuwenden sind. Ziel des Standards ist es, dem Leser ein Verständnis über den Aufbau der ESRS sowie über die Konventionen für deren Ausarbeitung und die zugrunde liegenden Konzepte zu vermitteln. Des Weiteren werden die allgemeinen Anforderungen an die Erstellung und Darstellung von Nachhaltigkeitsinformationen beschrieben. Anders als die übrigen ESRS enthält der ESRS 1 selbst keine Angabepflichten, er definiert aber für die übrigen ESRS die Angabepflichten innerhalb bestimmter Berichterstattungsbereiche. Diese werden im Folgenden noch tiefer gehend erläutert.

 

Wie bereits angesprochen, ist ESRS 1 die Basis für die Regelungen in den weiteren Standards. Er enthält und erläutert insbesondere diejenigen Regelungen, die für alle Themenstandards sowie auch für den zweiten themenübergreifenden Standard ESRS 2 anzuwenden sind.

Zentral ist hier zum einen die Definition der sog. Berichterstattungsbereiche, die sich in allen übrigen Standards wiederfinden. Diesen speziellen Berichterstattungsbereichen lassen sich sämtliche Angabepflichten des ESRS 2 und der Themenstandards zuordnen und sind dort mit den nachfolgend in Klammern genannten Abkürzungen bezeichnet.

Governance (GOV): Verfahren, Kontrollen und Vorgänge zur Überwachung, Verwaltung und Beaufsichtigung von Auswirkungen, Risiken und Chancen

Strategie (SBM, vom engl. Strategy and Business Model): Zusammenspiel der Strategie und des Ge­schäftsmodells mit wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen

Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen (IRO, vom engl. Impacts, Risks and Opportunities): Verfahren, mit denen das Unternehmen Auswirkungen, Risiken und Chancen ermittelt und ihre Wesentlichkeit bewertet sowie wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte mit Strategien und Maßnahmen angeht

Parameter und Ziele (MT, vom engl. Metrics and Targets): Leistungskennzahlen des Unternehmens nebst Zielen und Fortschritten

Die Angabepflichten des ESRS 2 tragen, diesen Vorgaben entsprechend, das jeweilige Kürzel aus dem Klammerzusatz stets in ihrem Namen (z. B. ESRS 2 GOV-1). Dagegen werden die themenspezifischen Angabepflichten mit einer fortlaufenden Nummer beschrieben und im Themenstandard selbst einem Berichterstattungsbereich zugeordnet (z. B. ESRS 1-1 [Übergangsplan für den Klimaschutz] dem Bereich „Strategie“).

Wie oben erläutert, werden die allgemeinen Angabepflichten des ESRS 2 teilweise durch entsprechende Regelungen in Themenstandards ergänzt. Für diese Ergänzungen gibt es allerdings keine eigene Nomenklatur. Denkbar wäre aber für eine leichtere Einordnung z. B. die Bezeichnung ESRS E1-GOV-3 für die ergänzende Angabepflicht über die Einbeziehung der nachhaltigkeitsbezogenen Leistungen in Anreizsysteme. Das Unternehmen hat bereits durch ESRS 2 GOV-3 grundsätzliche Informationen und Nachhaltigkeitsaspekte zu benennen, mit denen sich die Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane befassen. Durch die Ergänzung in ESRS E1-GOV-3 sind zusätzlich auch Aussagen zu der Verknüpfung dieser Anreizsysteme mit Reduktionszielen von Treibhausgasemissionen zu machen.

Pflichtangaben können Informationen zu Strategien (Hinweis: Im Deutschen wird der Begriff „Strategie“ sowohl als Übersetzung für „strategy“ als auch für „policy“ genutzt; hier besser zu übersetzen mit „Konzepten“), zu Maßnahmen, zu Zielen oder zu konkreten Parametern umfassen. In welcher Form hierzu zu berichten ist, hängt davon ab, von welcher Art die Informationen sind. Sollte ein Thema aufgrund der durchgeführten Wesentlichkeitsanalyse dem Grunde nach als wesentlich eingestuft worden sein, sind zwingend Erläuterungen zu den diesbezüglichen Konzepten sowie zu den hierzu seitens des Unternehmens geplanten Maßnahmen und Zielen zu machen. Sollten keine Konzepte, Maßnahmen oder Ziele festgelegt sein, ist hierauf hinzuweisen, also ein Negativvermerk zu machen. Das Unternehmen kann angeben, ob und in welchem Zeitraum es beabsichtigt, hierzu etwas festzulegen. Abweichend dazu ist eine Angabepflicht für Parameter nur gegeben, wenn diese in einem weiteren Prüfungsschritt ebenfalls als wesentlich bewertet werden. Was Ziele und was Parameter sind, ist in dem jeweiligen Themenstandard ausdrücklich benannt. Für unternehmensspezifische Themen muss das Unternehmen diese selbst anhand ihres internen Berichts- und Steuer­ungssystems festzulegen.

Die kleinste Einheit abgefragter Informationen stellen Datenpunkte dar. Diese können quantitativer oder qualitativer Natur sein. Bei qualitativen Datenpunkten handelt es sich beispielsweise um Beschreibungen von Systemen, z. B. eines Systems für die Erfassung von Arbeitsunfällen. Nicht jede Angabepflicht enthält Datenpunkte. Weitere hilfreiche Erläuterungen zum Thema „Datenpunkte“ finden sich in dem Entwurf der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) einer Implementation Guidance mit einer umfassenden Liste aller ESRS-Datenpunkte.

Neben den eigentlichen Angabepflichten gibt es in den ESRS noch Anwendungsanforderungen, die die Angabepflichten um Interpretationen und Auslegungen ergänzen. Auf Datenpunktebene können aus diesen Anwendungsanforderungen aber auch eigenständige Angabeverpflichtungen resultieren.

In den ESRS finden sich unterschiedliche Formulierungen – je nachdem, ob es sich um eine Pflichtangabe, um eine empfohlene Angabe oder um eine Abwägung handelt. ESRS 1 gibt dieses genau vor. Wenn in einem ESRS geschrieben wird, das Unternehmen „hat anzugeben“, handelt es sich um eine Pflichtangabe. Lautet die Formulierung „kann angeben“, wird sie als Empfehlung zur Angabe verstanden. Sofern die Formulierung „hat zu berücksichtigen“ verwendet wird, liegen Abwägungen zur Ausgestaltung von Angabepflichten vor.

ESRS 1 selbst enthält verschiedene Anlagen mit unterschiedlichem Verpflichtungscharakter. So geben die Anlagen A bis D verpflichtend zu berücksichtigende, die Anlagen E und F dagegen nur exemplarische Darstellungen von Sachverhalten wieder. Welchen Verpflichtungscharakter die jeweilige Anlage hat, geht eindeutig aus der einleitenden Beschreibung hervor. Anlage A enthält u. a. die oben bereits erwähnte Tabelle mög­licher Themen zu den Themenstandards. Anlage B legt die qualitativen Merkmale von Informationen fest.

Diese qualitativen Merkmale von Informationen sind von allen Unternehmen bei Erstellung der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu berücksichtigen. Es handelt sich um folgende Merkmale: Relevanz, wahrheitsgetreue Darstellung, Vergleichbarkeit, Überprüfbarkeit und Verständlichkeit. Die ersten beiden Eigenschaften werden als grundlegend, die weiteren drei als verbessernd gewertet. Die wahrheitsgetreue Darstellung wird noch tiefer gehend definiert mit vollständig, neutral und korrekt. Des Weiteren sieht ESRS 1 vor, dass für alle Darstellungen der Vorsichtsgrundsatz gilt. Dieser wird aber abweichend zur Finanzberichterstattung definiert als Grundsatz zur Einhaltung von Neutralität bei der Darstellung von Sachverhalten.

Dipl.-Kfm. Anna Margareta Gehrs

Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin, Sustainability-Auditor IDW

+49 521 2993176

Sebastian Behrens, B.Sc.

Steuerberater, Sustainability-Auditor IDW

+49 521 29934177

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Rundschreiben
Nachhaltigkeit 1-2024

Veröffentlicht: 21. Februar 2024

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