Verwaltungsanweisung zum Nullsteuersatz bei Photovoltaikanlagen
Veröffentlicht: 19. Dezember 2023
aus
Rundschreiben Umsatzsteuer 2-2023
Von:
Karin Korte,
Timo Kaschub
Seit dem 1.1.2023 gilt im Umsatzsteuerrecht erstmals ein sog. Nullsteuersatz für die Lieferung von Photovoltaikanlagen. Am 27.2.2023 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die endgültige Fassung eines Schreibens veröffentlicht und u. a. Abschnitt 12.18 neu im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) eingefügt.
Seit dem 1.1.2023 gilt auf die Lieferung von Solarmodulen an Betreiber von Photovoltaikanlagen ein ermäßigter Steuersatz von 0 %. Diese Steuersatzermäßigung betrifft auch die Lieferung der wesentlichen Komponenten, die für den Betrieb der Anlagen benötigt werden, sowie für die Speichermodule und die Installationsleistung. Der Nullsteuersatz ist darüber hinaus für Käufe aus dem Ausland (innergemeinschaftliche Erwerbe oder Einfuhren) anwendbar.
Voraussetzung ist, dass die Installation der Photovoltaikanlage in der Nähe von (Privat-)Wohnungen oder öffentlichen Gebäuden erfolgt (sog. Belegenheitsvoraussetzung).
Durch die Einführung des Nullsteuersatzes sind einige Fragen zur konkreten Anwendung in der Praxis aufgetreten, die das BMF mit einer Verwaltungsanweisung klären möchte. Wichtige, inhaltlich wesentliche Punkte, die sich teilweise gegenüber dem ersten Entwurf geändert haben, sind zu beachten:
- Der Nullsteuersatz ist nur bei der Lieferung an den Betreiber der Photovoltaikanlage und auf keiner Vorstufe anwendbar; dies ist grundsätzlich der im Marktstammdatenregister eingetragene Unternehmer. Aus Vereinfachungsgründen kann bei einer Installation allerdings auch der Leistungsempfänger angenommen werden.
- Bei der Vermietung oder dem Leasing ist zwischen einer begünstigten Lieferung der Anlage (Mietkauf) und einer normal besteuerten sonstigen Vermietungsleistung zu unterscheiden.
- Öffentliche Gebäude sind begünstigt, wenn in ihnen eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausgeübt wird. Hierunter fallen u. a. Leistungen für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke, die gemäß dem Umsatzsteuerrecht steuerbefreit sind oder ermäßigt besteuert werden.
- Im Vergleich zum Entwurf des BMF-Schreibens ist bei gemischter Nutzung ein Überhang (> 50 %) der begünstigten Nutzung nicht mehr notwendig, um den Nullsteuersatz anwenden zu können. Es wird jetzt von einem grundsätzlich begünstigten Gebäude ausgegangen. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn die unschädliche Nutzung eindeutig hinter der schädlichen Nutzung zurücktritt oder wenn die unschädliche Nutzung weniger als 10 % der Gesamtgebäudenutzfläche beträgt.
- Als Nachweis der Begünstigung reicht eine Bestätigung des Erwerbers aus, dass er der Betreiber der Anlage ist und die weiteren Voraussetzungen (Belegenheit und Leistungsgrenze) erfüllt werden.
- Zu den wesentlichen begünstigten Komponenten zählt die Finanzverwaltung u. a. Wechselrichter, Dachhalterung und das Energiemanagementsystem.
- Keine wesentlichen Komponenten sind Schrauben, Nägel und gewöhnliche Kabel, selbst wenn sie für die Installation erforderlich sind.
- Nicht begünstigt sind zudem die Ladeinfrastruktur und mögliche Stromverbraucher, wie eine Wärmepumpe.
- Für bis zum 31.12.2022 gelieferte Anlagen ist eine Anwendung des Nullsteuersatzes nicht möglich. Für diese Anlagen ist auch nach dem 1.1.2023 eine Versteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe für den für private Zwecke entnommenen Strom vorzunehmen.
- Soweit die Anlage ab dem 1.1.2023 geliefert bzw. in Betrieb genommen wurde, ist keine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe für private Zwecke notwendig.
Zudem enthält die Verwaltungsanweisung eine großzügige Vereinfachungsregel. Danach gelten die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Nullsteuersatzes generell als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage nach dem Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, auf oder in der Nähe welchen Gebäudes die Anlage errichtet wird.
Durch ein weiteres BMF-Schreiben vom 12.6.2023 wird es von nun an in den Fällen, in denen die Erwerbstätigkeit ab dem 1.1.2023 aufgenommen wurde, nicht beanstandet, wenn die Anzeige und die Übermittlung des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung unterbleiben.
Diese sog. Nichtbeanstandungsregelung gilt für alle Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen,
- die bei Eröffnung eines Betriebs, der sich auf das Betreiben von nach § 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigten Photovoltaikanlagen beschränkt, Gewerbetreibende im Sinne des § 15 EStG sind und
- in umsatzsteuerlicher Hinsicht Unternehmer sind, deren Unternehmen sich ausschließlich auf den Betrieb einer Photovoltaikanlage im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie ggf. eine steuerfreie Vermietung und Verpachtung nach § 4 Nr. 12 UStG beschränkt und die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG anwendet.
Es handelt sich um eine begünstigte Photovoltaikanlage, wenn die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister bei Einfamilienhäusern oder gewerblichen Gebäuden nicht mehr als 30 kW (peak) bzw. bei sonstigen Gebäuden nicht mehr als 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit beträgt oder betragen wird. Es gilt allerdings eine Höchstgrenze von insgesamt 100 kW (peak) je Steuerpflichtigen.
Allerdings können die örtlich zuständigen Finanzämter unter besonderen Umständen des Einzelfalls gesondert zur Übermittlung eines Fragebogens zur steuerlichen Erfassung nach § 138 Abs. 1b Abgabeordnung (AO) auffordern, soweit dies erforderlich sein sollte.
Entsprechende ertragsteuerliche Zweifelsfragen wurden in einem weiteren BMF-Schreiben vom 17.7.2023 beantwortet.
Hinweis
Das BMF hat auf seiner Website die FAQ „Umsatzsteuerliche Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen“ veröffentlicht.
Unsere Autorinnen und Autoren des Beitrags beraten Sie gerne zu Ihren persönlichen Fragen. Mehr zum Bereich: