Umsatzsteuerliche Behandlung von Reihengeschäften
Veröffentlicht: 19. Dezember 2023
aus
Rundschreiben Umsatzsteuer 2-2023
Von:
Karin Korte
Das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25.4.2023 erläutert die umsatzsteuerliche Behandlung von Reihengeschäften, die ab dem 1.1.2020 gelten, und ändert insoweit den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE). Reihengeschäfte sind Lieferungen von Gegenständen, die nacheinander zwischen mehreren Unternehmern erfolgen, wobei die Gegenstände unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer befördert oder versendet werden.
Das Schreiben enthält folgende wesentliche Aussagen:
- Bei der Zuordnung der Warenbewegung zu einer der Lieferungen in der Reihe ist grundsätzlich maßgeblich, durch wen die Beförderung oder Versendung erfolgt (sog. Transportverantwortlichkeit). Wenn diese durch einen Zwischenhändler erfolgt, wird sie grundsätzlich nur der Lieferung an ihn zugeordnet. Abweichend davon wird sie jedoch der Lieferung durch den Zwischenhändler zugeordnet, wenn dieser seinem Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung mitgeteilt hat, die ihm von dem europäischen Mitgliedstaat, aus dem die Gegenstände befördert oder versendet werden, erteilt wurde.
- Für die Verwendung der USt-IdNr. gelten folgende Grundsätze
- „Verwendung“ = positives Tun
- bei Vertragsabschluss, spätestens bei Ausführung der Lieferung Dokumentation regelmäßig im Auftragsdokument
- spätere Änderungen bei der Verwendung der USt-IdNr. ohne Auswirkung
- Möglichkeit der Dokumentation beim mittleren Unternehmer, dass erteilte USt-IdNr. für alle künftigen Lieferungen verwendet werden soll
- im Dokument lediglich formularmäßig eingedruckte USt-IdNr. nicht ausreichend
- Aber: Ein positives Tun des Zwischenhändlers zur Verwendung der USt-IdNr. liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung (Abschnitt 3.14 Abs. 10 Satz 9 UStAE) auch dann vor, wenn dessen Leistungsempfänger (Erwerber) die Erklärung über die Unternehmereigenschaft und den unternehmerischen Bezug objektiv nachvollziehbar vorgenommen hat und der Leistungsbezug vom Leistungsempfänger in zutreffender Weise erklärt worden ist, der Zwischenhändler seinen Meldepflichten in der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a Umsatzsteuergesetz [UStG]) nachgekommen ist und die Rechnung über die Lieferung einen Hinweis auf die USt-IdNr. des Leistungsempfängers, die in der Zusammenfassenden Meldung angegeben wurde, enthält.
- Die Zuordnung der Warenbewegung ist für die Beurteilung der einzelnen Lieferungen in der Reihe als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb maßgeblich. Die bewegte Lieferung ist eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, wenn die übrigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die übrigen Lieferungen in der Reihe sind steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe, wenn die übrigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Nur die bewegte Lieferung kann steuerfrei nach § 4 Nr. 1a oder b UStG sein.
- Die Zuordnung der Warenbewegung ist unabhängig davon, ob es sich um eine Beförderung oder eine Versendung handelt. Eine Versendung liegt vor, wenn ein Dritter (z. B. ein Spediteur) mit dem Transport beauftragt wird. Eine Beförderung liegt vor, wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Transport selbst durchführt oder durchführen lässt.
- Das Schreiben enthält außerdem zahlreiche Beispiele und Anwendungsregelungen, die die umsatzsteuerliche Behandlung von Reihengeschäften in verschiedenen Konstellationen veranschaulichen. Bei Reihengeschäften im Verhältnis zum Drittland gelten die Grundsätze entsprechend; es sind aber Besonderheiten zu beachten.
- Nichtbeanstandungsregelung: Für den Zeitraum bis zur Veröffentlichung des BMF-Schreibens wird es nicht beanstandet, wenn die Zuweisung der Transportverantwortlichkeit von den Beteiligten einvernehmlich abweichend von Abschnitt 3.14 Abs. 7 bis 11 UStAE bestimmt worden ist.
Fazit
Die Finanzverwaltung hat ihre Verwaltungsanweisungen zu den Reihengeschäften an die seit dem 1.1.2020 geltende Rechtslage angepasst, ist aber weitgehend bei der bisherigen Struktur verblieben. Durch die Änderungen in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL,
Art. 36a) war eine Anpassung des UStG (Neueinfügung von § 3 Abs. 6a UStG) erforderlich, woraus sich notwendige Folgeänderungen in Abschnitt 3.14 UStAE ergaben. Das Schreiben dient daher zum einen der Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/1910, die eine unionsrechtliche Regelung zur Zuordnung der Warenbewegung beim Reihengeschäft im innergemeinschaftlichen Handel enthält, und zum anderen der Beseitigung von Rechtsunsicherheiten, die durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entstanden sind.
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