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Keine Steuerschuld aufgrund unrichtigen Steuerausweises bei Rechnungen an Endverbraucher

Veröffentlicht: 19. Dezember 2023 aus Rundschreiben Umsatzsteuer 2-2023
Von: Karin Korte, Timo Kaschub

Mit Urteil vom 8.12.2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der zu Unrecht in Rechnung gestellte Teil der Mehrwertsteuer nicht geschuldet wird, soweit die Dienstleistung an einen Endverbraucher erbracht wurde. Der Endverbraucher darf jedoch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sein.

 

Stellt ein Unternehmer Rechnungen mit unrichtig bzw. unberechtigt ausgewiesener Umsatzsteuer aus, wird diese vom Steuerschuldner in voller Höhe geschuldet.

Zur Korrektur ist dann u. a. die Erstellung einer geänderten Rechnung erforderlich. Insbesondere bei einem umfangreichen B2C-Geschäft ist dies jedoch regelmäßig mit sehr hohem Aufwand verbunden und z. T. gar nicht darstellbar. Anders als bei Lieferungen oder Leistungen an andere Unternehmen hat ein Endverbraucher kein Recht auf Vorsteuerabzug. Es besteht daher keine Gefahr, dass ein unrichtiger Umsatzsteuer­ausweis zu unberechtigtem Vorsteuerabzug führt.

Im entschiedenen Fall des EuGH ging es um die Frage der Steuerschuld bei Leistungen an Endverbraucher. Der Rechtsstreit ist durch eine in Österreich ansässige P-GmbH entstanden. Die P-GmbH betreibt einen Indoor-Spielplatz. Die Leistungen unterliegen unstreitig dem ermäßigten Steuersatz von 13 % in Österreich. Fehlerhaft wurde an die Kunden der Regelsteuersatz in Höhe von 20 % berechnet und auch in voller Höhe an das Finanzamt abgeführt. Die Kunden der P-GmbH sind Endverbraucher und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Der EuGH entschied, dass ein zu hoher Mehrwertsteuerbetrag nicht geschuldet wird, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen werden kann. Diese Entscheidung hat Auswirkungen auf § 14c Umsatzsteuergesetz (UStG) – Steuerschuld bei unrichtigem/unberechtigtem Umsatzsteuerausweis –, der insoweit deutlich strenger als Unionsrecht ist. Nach EuGH-Rechtsprechung muss in diesen unstrittigen Fällen keine Rechnungskorrektur und keine Rückzahlung des zu viel vereinnahmten Steuerbetrages vorgenommen werden.

In der Praxis wird fraglich sein, wie weitreichend das Urteil angewendet werden kann, denn in vielen Fällen zählen zu den Rechnungsempfängern auch Unternehmer, sodass es nur schwer gelingen wird, die unzweifelhafte Gefährdung des Steueraufkommens zu bestätigen. Die Generalanwältin des Verfahrens schlug in ihrem Schlussantrag für solche Fälle eine Aufteilung im Wege der Schätzung vor. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung eine solche Umkehr der Beweislast anerkennen wird. Ein Versuch sollte jedoch in jedem Fall erfolgen.

Fazit

Bei eindeutigen Fällen, in denen unzweifelhaft nachgewiesen werden kann, dass der Leistungsempfänger stets ein Endverbraucher ohne Vorsteuerabzug war und keine Gefährdung des Steueraufkommens besteht, „bereichert“ sich nicht der Staat, sondern der sich „irrende“ Steuer­pflichtige. Es bleibt folglich mit Spannung abzuwarten, wie der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung dieses EuGH-Urteil umsetzen werden.

Dipl.-Kff. Karin Korte

Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin

+49 521 2993358

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Rundschreiben
Umsatzsteuer 2-2023

Veröffentlicht: 19. Dezember 2023

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