News Umsatzsteuerberatung

Keine Lieferung von dezentral verbrauchtem Strom

Veröffentlicht: 19. Dezember 2023 aus Rundschreiben Umsatzsteuer 2-2023
Von: Karin Korte

Mit Urteilen vom 29.11.2022 und 11.5.2023 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Zahlung eines sog. KWK-Zuschlags für nicht eingespeisten, sondern dezentral verbrauchten Strom nicht zu einer steuerpflichtigen Lieferung führt.

 

Im vorliegenden Fall war das Finanzamt unter Anwendung der Grundsätze des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) davon ausgegangen, dass der gesamte erzeugte und selbst verbrauchte Strom einer zuschlagsberechtigten KWK-Anlage zunächst in das öffentliche Stromnetz eingespeist und „fiktiv“ an die Betreiberin von öffentlichen Stromverteilernetzen geliefert wurde. In einem nächsten Schritt sei dieser Strom dann von der Netzbetreiberin wieder „fiktiv“ an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert worden. Nach Ansicht des Finanzamtes seien diese Hin- und Rücklieferung umsatzsteuerlich zu erfassen.

Dem tritt der BFH mit seinen Urteilen entgegen und bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 16.6.2021. Der Verbrauch eigenerzeugten Stroms führt nicht zu einer Lieferung an den Netzbetreiber.

Eine steuerbare Lieferung erfordert, dass der Unternehmer die Verfügungsmacht an einem Gegenstand gegen Entgelt verschafft. Hocheffiziente neue, modernisierte oder nachgerüstete KWK-Anlagen erhalten nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) eine Vergütung für den in der Anlage erzeugten Strom, den KWK-Zuschlag.

Nach Ansicht des XI. Senats des BFH folgt aus einer bloßen Vergütungsregelung jedoch nicht, dass der Zahlende Empfänger einer Leistung ist. Der KWK-Zuschlag dient der finanziellen Förderung des Anlagenbetreibers aus energiepolitischen Gründen. Die Netzbetreiberin kann über den erzeugten Strom nicht verfügen, es erfolgt keine Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag. Auch der Anlagenbetreiber erhält durch den selbst verbrauchten Strom keinen verbrauchsfähigen Vorteil durch den Netzbetreiber.

Mit Urteil vom 11.5.2023 schließt sich der V. Senat des BFH der Begründung des XI. Senats an. Der von einem Anlagenbetreiber erzeugte und dezentral verbrauchte Strom wird daher weder an den Stromnetzbetreiber geliefert noch an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert.

Fazit

Die Entscheidung ist für Betreiber von KWK-Anlagen, die den erzeugten Strom auch dezentral verbrauchen, wichtig – insbesondere wenn der Anlagenbetreiber den mit der Anlage erzeugten Strom nicht unternehmerisch, sondern hoheitlich nutzt und deshalb der Vorsteuerabzug aus der „fiktiven“ Rücklieferung nicht möglich ist. Diese Vorsteuerabzugsproblematik ist nun nicht mehr vorhanden. Es ist damit zu rechnen, dass das BMF den UStAE ändert.

Dipl.-Kff. Karin Korte

Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin

+49 521 2993358

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Rundschreiben
Umsatzsteuer 2-2023

Veröffentlicht: 19. Dezember 2023

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