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EuGH: Umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Aufladens von Elektrofahrzeugen (E-Charging)

Veröffentlicht: 19. Dezember 2023 aus Rundschreiben Umsatzsteuer 2-2023
Von: Karin Korte, Timo Kaschub

Die umsatzsteuerliche Behandlung des Ladens von Elektrofahrzeugen ist seit vielen Jahren mit ungeklärten Rechtsfragen verbunden, weshalb sich der EU-MwSt-Ausschuss bereits mehrfach mit diesem Themengebiet befassen musste. Die Leitlinien des Ausschusses sind allerdings nicht rechtsverbindlich (binden weder EU-Kommission noch Mitgliedstaaten), und die deutsche Finanzverwaltung äußerte sich darüber hinaus noch nicht zum E-Charging. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte mit seinem Urteil vom 20.4.2023 nun endlich – auch für Deutschland – verbindlich klar, dass unmittelbar vom Ladesäulenbetreiber bezogene Leistungsbündel eine einheitliche Stromlieferung darstellen.

 

Bereits im Jahr 2019 kam der EU-MwSt-Ausschuss einstimmig zu der Auffassung, dass das vom Ladesäulenbetreiber (Charge Point Operator [CPO]) unmittelbar – ohne Zwischenschaltung eines E-Mobility Providers (EMP) – erbrachte Leistungsbündel als eine einheitliche Leistung „Stromlieferung“ des CPO an den E-Auto-Fahrer zu werten ist.

Auch in dem dem EuGH-Urteil vom 20.4.2023 zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um einen Ladesäulen­betreiber, der den E-Auto-Fahrern unmittelbar ein umfangreiches Leistungspaket (bestehend sowohl aus CPO- als auch aus EMP-Leistungen) anbietet, das er in Abhängigkeit von der Ladezeit zu einem einheit­lichen Preis abrechnet. In seiner Entscheidung wertet der EuGH das Leistungspaket als komplexe einheitliche Leistung, bei der die Übertragung von Elektrizität an die Batterie eines Elektrofahrzeugs charakterbestimmend ist und sich als Lieferung von Strom darstellt.

Als unselbstständige Nebenleistungen sind zum einen solche Dienstleistungen zu werten, die notwendigerweise mit der Vermarktung der Stromlieferung, mit der Gewährung des Zugangs zu der Ladevorrichtung sowie mit der notwendigen technischen Unterstützung einhergehen. Zum anderen zählt hierzu nach EuGH-Auffassung auch die Bereitstellung von IT-Anwendungen (Apps), „die es dem betreffenden Nutzer ermöglichen, einen Anschluss zu reservieren, den Umsatzverlauf einzusehen und Guthaben für die Bezahlung der Aufladungen zu erwerben“. Schließlich kommt es für die Beurteilung als einheitliche Leistung „Stromlieferung“ nach dem EuGH auch nicht darauf an, wonach sich das Entgelt bemisst, etwa weil bei der Bemessung nicht nur die übertragene Strommenge, sondern auch die Abstellzeit während des Aufladens mit einbezogen wird.

Die EuGH-Rechtsprechung steht im Gleichklang mit der in den Leitlinien des EU-MwSt-Ausschusses zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung und trägt insoweit zur Rechtssicherheit – auch in Deutschland – bei. Aus deutscher Sicht ist die CPO-Lieferung von nun an als am Ort der Ladesäule ausgeführt zu betrachten, von wo aus der Nutzer (E-Auto-Fahrer) den Strom verbraucht.

Andere Fragen bleiben weiterhin ungeklärt, etwa wie die Leistungsbeziehungen bei den üblichen Wertschöpfungsketten unter Einbezug eines zwischengeschalteten EMP jeweils umsatzsteuerlich zu beurteilen sind.

Fazit

Das EuGH-Urteil schafft erste Rechtssicherheit in einfach gelagerten E-Charging-Konstellationen, bei denen das unmittelbar vom CPO erbrachte Leistungsbündel nunmehr unabhängig von der Abrechnungsmodalität als eine einheitliche Leistung (Stromlieferung) zu sehen ist, lässt aber weiterhin Fragen ungeklärt, etwa wie bei Einbezug eines EMP die jeweiligen Leistungen zu bewerten sind.

Dipl.-Kff. Karin Korte

Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin

+49 521 2993358

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Rundschreiben
Umsatzsteuer 2-2023

Veröffentlicht: 19. Dezember 2023

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