News Immobiliensteuerrecht

Wachstumschancengesetz – Zwischenstand

Veröffentlicht: 13. Dezember 2023 aus Rundschreiben Immo­bilien­steuerrecht 2-2023
Von: Prof. Dr. Oliver Middendorf, Mike Rickermann

Mit dem Wachstumschancengesetz sind umfassende Neuerungen geplant, die auch den Bereich des Immobiliensteuerrechts betreffen. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens kam es bislang mehrfach zu entscheidenden Überarbeitungen. Im Folgenden möchten wir Ihnen einen kurzen Zwischenstand hinsichtlich ausgewählter diskutierter Themen geben.

 

Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf der im Bundestag am 17.11.2023 verabschiedeten Fassung:

  • Verlängerung der grunderwerbsteuerlichen Begünstigungsvorschriften der §§ 5, 6, 7 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz GrEStG für (rechtsfähige) Personengesellschaften bis zum 31.12.2024
    Mit Wirkung zum 1.1.2024 treten wesentliche Teile des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft (insoweit verweisen wir auch auf unseren letzten Newsletter zum Immobiliensteuerrecht). Durch das MoPeG wird bei (rechtsfähigen) Personengesellschaften der bisher geltende Begriff des Gesamthandsvermögens durch das originäre Gesellschaftsvermögen ersetzt. Da im Grunderwerbsteuerrecht vorgesehene Begünstigungen teilweise auf den Begriff des Gesamthandsvermögens abstellen, ist umstritten, ob das MoPeG Einfluss auf die Anwendbarkeit dieser grunderwerbsteuerlichen Befreiungsvorschriften hat. Dies gilt im Besonderen für die äußerst praxisrelevanten Vergünstigungsvorschriften der §§ 5, 6 GrEStG. Diese erfassen vor allem Grundstücksübertragungen von einem Gesellschafter auf eine Personengesellschaft bzw. von einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter. Der aktuelle Gesetzentwurf sieht nun eine Regelung vor, nach der die Vorschriften der §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG auch für rechtsfähige Personengesellschaften zunächst einmal bis zum 31.12.2024 anwendbar bleiben.
     
  • Keine Anti-Fragmentierungs-Regelung bei der Anwendung der Zinsschranke gem. § 4h Einkommensteuergesetz (EStG)
    Soweit die Zinsaufwendungen den Zinsertrag übersteigen (sog. Nettozinsaufwand), ist dieser Netto­zinsaufwand eines Betriebs grundsätzlich nur in Höhe von 30 % des steuerlichen EBITDA (sog. verrechenbares EBITDA) abzugsfähig. Aufgrund der derzeit bestehenden Freigrenze von 3 Mio. € kombiniert mit dem niedrigen Zinsumfeld der vergangenen Jahre hat sich allerdings in vielen Fällen keine Zinsausgabenabzugs­beschränkung ergeben. Im Gesetzgebungsverfahren war zunächst beabsichtigt, durch die Einführung einer sog. Anti-Fragmentierungs-Regelung künftig mehrere Gesellschaften einer Unternehmensgruppe zu einem Betrieb zusammenzufassen und die Freigrenze von 3 Mio. € für diesen zusammengefassten Betrieb nur noch einmal zu gewähren. In diese Gruppenbetrachtung sollten alle Gesellschaften einbezogen werden, die einen gleichartigen Geschäftsbetrieb aufweisen und unter einer einheitlichen Leitung stehen. Dadurch wäre es künftig regelmäßig zu einer Beschränkung des steuerlichen Zinsausgabenabzugs gekommen. Die Anti-Fragmentierungs-Regelung wurde erfreu­licherweise vor der Verabschiedung durch den Bundestag aus dem Gesetzentwurf gestrichen.
     
  • Keine Einführung der Zinshöhenschranke in § 4l EStG
    Grundsätzlich war im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen, eine sog. Zinshöhenschranke einzuführen. Danach sollten bei Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen nur Zinssätze bis zu zwei Prozentpunkte über dem Basiszins gem. § 247 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abziehbar sein. Auch diese Regelung wurde aber inzwischen gestrichen, was genauso wie die Streichung der Anti-Fragmentierungs-Regelung sehr zu begrüßen ist. Beide Vorschriften hätten insbesondere für Immobilien­konzerne zu einer massiven Einschränkung des Zinsausgabenabzugs führen können.
     
  • Neuregelungen bei grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen
    Statt der zuvor genannten Zinshöhenschranke sieht der Gesetzentwurf für grenzüberschreitende Finanzierungsvereinbarungen insbesondere Neuregelungen zur Bestimmung des Fremdvergleichs vor.

    Zum einen müssen inländische Darlehensnehmer für grenzüberschreitende Finanzierungsvereinbarungen innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe glaubhaft machen, dass sie den Kapitaldienst (Zins und Tilgung) von Anfang an hätten leisten können und dass die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und für den Unter­nehmens­zweck verwendet wird. Gelingt dies nicht, wird der Zinsabzug vollständig versagt.

    Zum anderen sind in derartigen grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen Zinsaufwendungen vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen, soweit sie höher sind als der Zinssatz, zu dem für den Steuerpflichtigen eine Finanzierung unter Zugrundelegung des Ratings der gesamten Unternehmensgruppe bei fremden Dritten möglich gewesen wäre. Im Einzelfall besteht aber für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, nachzuweisen, dass ein für den Darlehensnehmer aus dem Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Rating dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht und damit bei der Bemessung des angemessenen Zinssatzes zu berücksichtigen ist.
     
  • Verbesserte Abschreibungsbedingungen für Wohngebäude
    Für Wohnzwecken dienende Gebäude, mit deren Herstellung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird, ist die Einführung einer degressiven AfA mit einem unveränderlichen Prozentsatz i. H. v. 6 % vom jeweiligen Buchwert (Restwert) zur Förderung des Wohnungsbaus vorgesehen. Das gilt auch für im Jahr der Fertigstellung angeschaffte Wohngebäude, wenn die Anschaffung aufgrund eines nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags erfolgt.
     
  • Erhöhung der Bagatellgrenze für Stromlieferungen im Rahmen der erweiterten Grundstückskürzung
    Für Grundstücksunternehmen ist es seit dem Veranlagungsjahr 2021 für Zwecke der erweiterten Grundstückskürzung innerhalb bestimmter Grenzen unschädlich, neben Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung eigenen Grundbesitzes auch Einnahmen aus der Lieferung von Strom zu erzielen. Die Einnahmen aus der Lieferung von Strom müssen dabei entweder aus dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung von erneuerbaren Energien i. S. d. § 3 Nr. 21 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder stammen. Diese Einnahmen sind selbst nicht gewerbesteuerlich begünstigt und durften bislang maximal 10 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes (Warmmiete) bezogen auf das Grundstücksunternehmen betragen. Diese Freigrenze soll durch das Wachstumschancengesetz nun ab dem Veranlagungsjahr 2023 auf 20 % erhöht werden.

Hinweis

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 24.11.2023 dem Wachstumschancengesetz in der am 17.11.2023 im Bundestag beschlossenen Fassung nicht zugestimmt und den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat einberufen. Es bleibt damit abzuwarten, welche Änderungen sich noch ergeben. Sobald das Gesetz beschlossen ist, informieren wir Sie dazu auf unserer Website.

Dipl.-Kfm. Prof. Dr. Oliver Middendorf

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Partner

+49 40 822169034

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Immobiliensteuerrecht

 

Rundschreiben
Immo­bilien­steuerrecht 2-2023

Veröffentlicht: 13. Dezember 2023

Neues aus Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung

Die Top-Themen dieser Ausgabe:
1. Wachstumschancengesetz
2. Neue BMF-Schreiben zu den Themen „PV-Anlagen“ und „Grunderwerbsteuer“
3. Aktuelles zur erweiterten Grundstückskürzung

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