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Photovoltaikanlagen und Immobilien: Steuerliche Erleichterungen – Stellungnahme der Finanzverwaltung

Veröffentlicht: 13. Dezember 2023 aus Rundschreiben Immo­bilien­steuerrecht 2-2023
Von: Prof. Dr. Oliver Middendorf, Mike Rickermann

Durch das Jahressteuergesetz 2022 hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz (EStG) ab dem 1.1.2022 eine Steuerbefreiung für Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Photovoltaikanlagen eingeführt. Mit Schreiben vom 17.7.2023 hat sich die Finanzverwaltung erstmals zu der neuen Befreiungsvorschrift geäußert.

 

Die Steuerfreiheit kann beansprucht werden, sofern die installierten Photovoltaikanlagen je Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft insgesamt höchstens eine installierte Bruttoleistung von 100 kW (peak) haben. Daneben ist eine weitere Grenze zu beachten:

a) Bei Einfamilienhäusern und deren Nebengebäuden (z. B. Garagen oder Carports) sowie nicht zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden darf die in­­stallierte Bruttoleistung max. 30 kW (peak) betragen.

b) Bei sonstigen Gebäuden (z. B. Mehrfamilienhäusern mit einer Gewerbeeinheit) darf die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit nicht überschreiten.

Die Finanzverwaltung hat sich in einem Schreiben vom 17.7.2023 zu einigen Anwendungsfragen geäußert. Ausgewählte Aspekte des Schreibens stellen wir Ihnen nachfolgend vor:

  • Die Steuerbefreiung gilt für natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und Körperschaften.
  • Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage auch Eigentümer der Immobilie ist.
  • Auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Entnahme der Photovoltaikanlage fällt unter die Steuerbefreiung.
  • Bei der subjektbezogenen Obergrenze von insgesamt 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen handelt es sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Wird die Grenze überschritten, sind damit sämtliche Einnahmen aus Photovoltaikanlagen steuerpflichtig.
  • Ist ein Steuerpflichtiger (oder eine Mitunternehmerschaft) an einer (anderen) Mitunternehmerschaft beteiligt, sind die von der anderen Mitunternehmerschaft betriebenen Photovoltaikanlagen nicht anteilig bei der Prüfung der 100 kw (peak)-Grenze des Steuerpflichtigen (bzw. der Mitunternehmerschaft) zu berücksichtigen. (Hinweis: Die Finanzverwaltung hat sich in diesem Zusammenhang lediglich zu Mitunternehmerschaften, nicht aber zu vermögensverwaltenden Personengesellschaften geäußert.)
  • Die Grenzen von 30 kW (peak) für Einfamilienhäuser bzw. nicht zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und 15 kW (peak) je Einheit bei sonstigen Gebäuden gilt objektbezogen und nicht anlagebezogen. Wird bspw. auf einem Einfamilien­haus und der Garage jeweils eine Anlage mit einer maßgeblichen Leistung von 17 kW (peak) installiert, sind beide Anlagen nicht begünstigt, da die für die Gebäudeart zulässige Grenze von 30 kW (peak) überschritten wird.
  • Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind unabhängig von ihrer Größe nicht begünstigt.
  • Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen der Photovoltaikanlage stehen, sind gem. § 3c Abs. 1 EStG nicht abziehbar.
  • Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften führte der Betrieb einer Photovoltaikanlage bisher grundsätzlich dazu, dass auch die Vermietungserträge der Gesellschaft in gewerb­liche Einkünfte umqualifiziert wurden (sog. gewerbliche Infektion). Dies hatte u. a. zur Folge, dass die Immobilie in das Betriebsvermögen eingelegt wurde und ab diesem Zeitpunkt (auch bei einem Verkauf nach Ablauf von zehn Jahren) steuerverstrickt war. Künftig haben Einkünfte und Entnahmen, die nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei sind, keine gewerbliche Infektion mehr zur Folge. Vermietungseinkünfte bleiben damit Vermietungseinkünfte und die Immobilie bleibt Privatvermögen. Die Gesetzesänderung soll laut Auffassung der Finanzverwaltung dazu führen, dass in Bestandsfällen eine Zwangsentnahme der Immobilie im Jahr 2022 vom Betriebs- in das Privatvermögen erfolgt. Die Entnahme hat eine Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven zur Folge. Aus Vertrauensschutzgründen wird von einer Entnahme abgesehen, wenn die stillen Reserven bis zum 31.12.2023 aus anderen Gründen wieder steuerlich verstrickt werden.

Fazit

Wenngleich einige der Ausführungen der Finanzverwaltung absolut zu begrüßen sind, wäre an mancher Stelle eine andere Positionierung wünschenswert gewesen. Dies betrifft z. B. die Tatsache, dass die Gesetzesänderungen bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, die eine Photovoltaikanlage betreiben, unter Umständen zu einer Zwangsentnahme und damit einhergehenden Aufdeckung der in der Immobilie enthaltenen stillen Reserven führen sollen. Hiervon betroffene Steuerpflichtige sollten kurzfristig über Strukturanpassungen nachdenken, um die (erneute) Verstrickung der stillen Reserven bis zum Jahresende zu gewährleisten. Gern stehen wir Ihnen für entsprechende Überlegungen oder auch sonstige Fragen zu diesem Themenbereich beratend zur Seite.

Dipl.-Kfm. Prof. Dr. Oliver Middendorf

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Partner

+49 40 822169034

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Rundschreiben
Immo­bilien­steuerrecht 2-2023

Veröffentlicht: 13. Dezember 2023

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