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Grunderwerb­steuer – Diskussions­entwurf beinhaltet grundlegende Änderungen

Veröffentlicht: 16. August 2023
Von: Prof. Dr. Oliver Middendorf, Mike Rickermann

Das Bundeministerium der Finanzen (BMF) hat den Ländern einen Diskussionsentwurf zur umfassenden Neuausrichtung des Grunderwerbsteuergesetzes zur Verfügung gestellt. Dieser beinhaltet insbesondere weitreichende Änderungen zur Besteuerung sog. Share Deals sowie eine rechtsformneutrale Ausgestaltung von Steuervergünstigungen für Grundstücksübertragungen zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern sowie im Konzern.

 

Es bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form der Diskussionsentwurf des BMF zur Novellierung des Grunderwerbsteuerrechts in der Länderabstimmung Bestand haben wird. Da die Gesetzesänderung bereits zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, skizzieren wir nachfolgend wesentliche Punkte des Vorhabens:

Besteuerung von Share Deals

Die Besteuerung von Anteilsübertragungen soll im Grundsatz nur erfolgen, wenn dadurch sämtliche Anteile (d.h. 100%) einer Grundstücksgesellschaft unmittelbar oder mittelbar in einer Hand vereinigt werden.

Die Umgehung von Grunderwerbsteuer durch Anteilserwerbe mit Co-Investoren soll dadurch vermieden werden, dass auch eine Erwerbergruppe einen vollständigen Anteilserwerb verwirklichen kann. Eine solche Erwerbergruppe liegt nach dem Gesetzesentwurf vor, wenn mehrere Personen sich über den Anteilserwerb gemeinsam abgestimmt haben. Ein abgestimmtes Verhalten kann bereits dann vorliegen, wenn die Anteilserwerbe mehrerer Personen in einem sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang stehen.

Die Vermeidung von Grunderwerbsteuer durch das Zurückbehalten von Anteilen soll unterbunden werden, indem Anteile, die im sog. dienenden Interesse eines Erwerbers oder der Erwerbergruppe gehalten werden, nicht mitgezählt werden bei der Berechnung der Anteilsquote eines Erwerbers bzw. dem Erwerber zugerechnet werden. In diesen Fällen reicht entsprechend auch die Vereinigung von weniger als 100% der Anteile aus, um Grunderwerbsteuer auszulösen. Ebenso werden eigene Anteile der Gesellschaft nicht mitgerechnet. Wann ein dienendes Interesse vorliegt, soll anhand von Regelbeispielen verdeutlicht werden. Unter anderem bei einer Beschränkung von Gesellschaftsrechten, oder im Falle der Vereinbarung von Fest- oder Mindestvergütungen für Gesellschafter soll ein dienendes Interesse vorliegen.   

Gleichzeitig sollen bisher oftmals nicht erfasste Übertragungen immobilienhaltender Fonds künftig unter den gleichen Voraussetzungen mit Grunderwerbsteuer belastet werden. Das soll gelingen, indem nicht nur die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) eines Fonds, sondern auch der Fonds selbst als Grundstücksgesellschaft gilt. Entsprechende Übertragungen von Anteilen an der KVG oder von Fondsanteilen können damit gleichermaßen eine Besteuerung auslösen.

Ergänzt werden die Vorschriften durch weitgehende Regelungen zur Haftung für Grunderwerbsteuerschulden und Anzeigepflichten für relevante Anteilsübertragungen.
 

Grundstücksübertragungen im Konzern und zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern

Für grunderwerbsteuerbare Grundstücksübertragungen oder Anteilsübertragungen innerhalb eines Konzerns soll eine weitgehende Befreiung von der Grunderwerbsteuer eingeführt werden. Diese greift, wenn sich der bestimmende Einfluss einer Person über ein Grundstück im Zuge entsprechender Transaktionen nicht verändert. Der bestimmende Einfluss knüpft an die Regelungen über die spezielle grunderwerbsteuerliche Zurechnung des Grundstücks bzw. an die Beibehaltung einer vollständigen Anteilsbeteiligung bei einer Person an.

Zudem sollen Grundstücksübertragungen von Gesellschaftern auf eine Gesellschaft (unabhängig von ihrer Rechtsform) von der Grunderwerbsteuer quotal im Umfang der Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen befreit werden. Dies setzt voraus, dass der Gesellschafter zuvor bereits mindestens 5 Jahre Eigentümer des übertragenen Grundstücks war.

Schließlich sollen auch Grundstücksübertragungen von einer Gesellschaft (unabhängig von ihrer Rechtsform) auf ihre Gesellschafter von der Grunderwerbsteuer quotal im Umfang der Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen befreit werden. Hierbei ist Voraussetzung, dass der grundstückserwerbende Gesellschafter mindestens 5 Jahre Eigentümer des übertragenen Grundstücks bleibt.

Hinweis

Die weitere Entwicklung im Rahmen der Länderabstimmung über den Diskussionsentwurf sollte angesichts der weitgehenden Änderungen im Auge behalten werden. Sprechen Sie uns bei aktuellen Unsicherheiten oder für nähere Informationen gern an.

Dipl.-Kfm. Prof. Dr. Oliver Middendorf

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Partner

+49 40 822169034

Unsere Autorinnen und Autoren des Beitrags beraten Sie gerne zu Ihren persönlichen Fragen. Mehr zum Bereich:

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Grunderwerb­steuer – Diskussions­entwurf beinhaltet grundlegende Änderungen

Veröffentlicht: 16. August 2023

Das Bundeministerium der Finanzen (BMF) hat den Ländern einen Diskussionsentwurf zur umfassenden Neuausrichtung des Grunderwerbsteuergesetzes zur Verfügung gestellt.

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