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Kaufpreisaufteilung bei Anschaffung von Immobilien

Veröffentlicht: 1. Dezember 2020

Zur Bestimmung der Gebäudeabschreibungen ist beim Immobilienerwerb der Kaufpreis auf den erworbenen Grund und Boden sowie auf das Gebäude aufzuteilen. Besteht Streit über eine kaufvertraglich vorgesehene Kaufpreisaufteilung darf im finanzgerichtlichen Verfahren nicht auf eine auf Grundlage der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Kaufpreisaufteilung zurückgegriffen werden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 21.07.2020 entschieden und damit das Vorgehen des FG Berlin - Brandenburg, welches die Arbeitshilfe des BMF angewandt hatte, für unzulässig erklärt. Nach dem Urteil des BFH muss das FG, wenn die realen Wertverhältnisse von Grund und Boden sowie Gebäude in grundsätzlicher Weise verfehlt wurden, eine Aufteilung gemäß den realen Verhältnissen vornehmen. Das Bewertungsverfahren ist dabei nach Ansicht des BFH ebenfalls unter Berücksichtigung des Einzelfalls zu wählen und zu begründen. In der Regel ist dafür vom FG ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.

Bei einem Immobilienkauf ist für Besteuerungszwecke der Kaufpreis auf den erworbenen Grund und Boden sowie auf die erworbene Immobilie aufzuteilen. Da der auf die Immobilie entfallende Teil des Kaufpreises als Abschreibungsaufwand steuerlich geltend gemacht werden kann, ist es das Bestreben des Käufers, einen möglichst hohen Kaufpreisanteil der Immobilie zuzuordnen, um auf diese Weise maximales Abschreibungspotenzial zu generieren.

Um vertraglich vereinbarte Kaufpreisaufteilungen zu überprüfen hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) eine Arbeitshilfe zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises veröffentlicht. Diese wurde mit Urteil des FG Berlin - Brandenburgs vom 14.08.2019 für methodisch geeignet erklärt (3K 3137/19).

Dies sieht der Bundesfinanzhof anders. Er hat die Entscheidung aufgehoben und an das Finanzgericht zurückverwiesen. In der Urteilsbegründung heißt es dazu, dass das FG zwar bei einer grundsätzlichen Verfehlung der realen Wertverhältnisse im Kaufvertrag eine Korrektur vornehmen darf, diese dann aber nach den realen Verhältnissen von Grund und Boden sowie Gebäude zu treffen ist. Gemäß der ImmoWertV stehen dafür das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren, das Ertragswertverfahren, oder mehrerer diese Verfahren zur Verfügung. Nach dem höchstrichterlichen Urteil des BFH ist es jedoch unzulässig, dass das FG ohne Berücksichtigung des Einzelfalls, auf die Arbeitshilfe des BMF zurückgegriffen hat. Diese basiert auf dem Sachwertverfahren.

Des Weiteren machten die Richter des Bundesfinanzhofs auf einen systemischen Fehler in der Arbeitshilfe des BMF aufmerksam. Da der Wert von Grund und Boden in der Arbeitshilfe zwar richtig berücksichtigt werde, bei den Gebäudekosten jedoch ein Orts- oder Regionalisierungsfaktor fehlt, wird der Anteil vom Grund und Boden gerade in Großstädten überproportional hoch. Gerade in Großstädten liegen die tatsächlichen Baukosten über den Kostenkennwerten der Normalherstellungskosten 2010 (NHK).

Fazit

Grundsätzlich ist das Urteil des BFH zu begrüßen, da die kaufvertraglichen Abreden gestärkt wurden und im Streitfall nicht durch die Arbeitshilfe des BMF widerlegt werden können. Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit das Urteil von der Finanzverwaltung akzeptiert und umgesetzt wird. Rechtssicherheit, ob eine vertragliche Kaufpreisaufteilung anerkannt wird, kann nach der Entscheidung des BFH nur durch das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erreicht werden. In der Praxis von der BMF Arbeitshilfe abweichende Kaufpreisaufteilungen sollten vor diesem Hintergrund weiterhin gut dokumentiert werden.

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