Grunderwerbsteuer: Erleichterung für Konzernumwandlungen bei mehrstufigen Beteiligungsketten durch den BFH
Veröffentlicht: 28. Juni 2023
aus
Rundschreiben Immobiliensteuerrecht 1-2023
Von:
Prof. Dr. Oliver Middendorf,
Mike Rickermann
Bei Umstrukturierungen innerhalb eines Unternehmensverbundes stellt Grundbesitz häufig ein Hindernis dar, weil Grundstücksübertragungen im Zusammenhang mit derartigen Umwandlungen grds. Grunderwerbsteuer auslösen. Unter gewissen Voraussetzungen sind sog. Konzernumwandlungen allerdings nach § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) begünstigt und von der Grunderwerbsteuer befreit. Durch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.9.2022, dessen Auffassung sich inzwischen auch die Finanzverwaltung angeschlossen hat, wird die Anwendung der Vorschrift nun erleichtert.
Im Falle sog. Konzernumwandlungen wird die Grunderwerbsteuer bei bestimmten Umstrukturierungen (z. B. Verschmelzung, Ausgliederung, Abspaltung) nicht erhoben, wenn an der Umstrukturierung ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Weitere Voraussetzung ist, dass das herrschende Unternehmen an der/den abhängigen Gesellschaft(en) fünf Jahre vor (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahre nach (Nachbehaltensfrist) der Umstrukturierung mit mindestens 95 % beteiligt ist.
Bislang wurde bei mehrstufigen Beteiligungsketten hinsichtlich des herrschenden Unternehmens immer auf die oberste Gesellschaft, die die Mindestbeteiligungshöhe und die Vorbehaltenszeit erfüllt, abgestellt.
Der BFH hat nun entschieden, dass sich die Bestimmung des herrschenden Unternehmens und der abhängigen Gesellschaft(en) nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang richtet. Regelmäßig wird das herrschende Unternehmen von nun an direkt am Umwandlungsvorgang beteiligt sein (bspw. als übernehmende Gesellschaft im Fall von Aufwärtsverschmelzungen). Es ist dabei unerheblich, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist. Ebenso wenig ist maßgebend, ob bei abhängigen Gesellschaften weitere Gesellschaften vom herrschenden Unternehmen abhängen, wenn diese Unternehmen oder Gesellschaften selbst nicht am Umwandlungsvorgang beteiligt sind. Dieser Auffassung haben sich nun auch die obersten Finanzbehörden der Länder in einem gleichlautenden Ländererlass vom 25.5.2023 angeschlossen.
Dies hat u. a. zur Folge, dass Veränderungen in der Konzernstruktur, die oberhalb der an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften erfolgen, im Hinblick auf die einzuhaltende fünfjährige Nachbehaltensfrist künftig regelmäßig unschädlich sein können.
Fazit
Die seitens des BFH ergangene Rechtsprechung zur Bestimmung des herrschenden Unternehmens i. S. d. § 6a GrEStG, die künftig auch von der Finanzverwaltung angewendet wird, ist aus Sicht des Steuerpflichtigen zu begrüßen. So bringt sie insbesondere in Bezug auf die einzuhaltende Nachbehaltensfrist Erleichterungen mit sich. Dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung aber nach wie vor sehr genau zu prüfen sind, zeigt der folgende Beitrag.
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