News Nachhaltigkeit

Neue Sorgfaltspflichten in der Wertschöpfungskette

Veröffentlicht: 29. August 2023 aus Steuern & Wirtschaft aktuell 3-2023
Von: Sebastian Behrens, Anna Margareta Gehrs

Wer bislang davon ausgegangen ist, dass die deutschen Regelungen nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz für betroffene Unternehmen eine nennenswerte Belastung sein können, wird bei den geplanten Regelungen auf Ebene der Europäischen Union mit deutlich schärferen und vor allem umfassenderen Pflichten konfrontiert. Die EU erwartet von der Umsetzung positive Impulse hinsichtlich der Transformation in eine nachhaltige Wirtschaftsweise, die ein wesent­licher Bestandteil des European Green Deal ist.

 

Das europäische Lieferkettengesetz „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ wird immer konkreter. Der Richtlinienentwurf wurde am 1.6.2023 mit deutlicher Mehrheit vom Europäischen Parlament angenommen und sieht im Vergleich zum ursprüng­lichen Entwurf des Europäischen Rats eine erheb­liche Ausweitung des Anwendungsbereichs vor. Die Grenzen, ab denen Unternehmen in den Geltungsbereich der Richtlinie gelangen, liegen bei 250 Beschäftigten bzw. 40 Mio. € Umsatz. Je nach Größe des Unternehmens soll es aber gestaffelte mehrjährige Übergangsfristen geben.

Die geplante Richtlinie verpflichtet Unternehmen dazu, Risiken entlang ihrer Lieferkette zu identifizieren, zu bewerten und zu mindern. Sie soll sicherstellen, dass Unternehmen bezüglich menschenrechtlicher, sozialer und ökologischer Aspekte verantwortungsbewusste Geschäftspraktiken betreiben und hierüber Rechenschaft ablegen. Dabei geht die Corporate Sustainability Due Diligence Directive deutlich über das bereits bestehende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinaus, da in ihr die Berichtspflichten, der Anwenderkreis sowie die Haftungsrisiken und Pflichten für die Unternehmensleitung wesentlich umfangreicher sind. Beispielsweise ist ein Plan zu entwickeln, der das Unternehmensmodell und die Geschäftsstrategie mit dem Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius vereinbart. Damit wird der Klimaschutz als Teil der unternehmerischen Sorgfaltspflichten definiert. Hat das Unternehmen mehr als 1.000 Beschäftigte, soll ein Teil der variablen Vergütung der Unternehmensleitung vom Zielerreichungsgrad dieses Plans abhängig sein.

Die Berichtspflichten beschränken sich nicht auf unmittelbare Zulieferer, sondern umfassen die ge­samte Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Dies führt dazu, dass eigentlich nicht direkt in den Regelungsbereich der Corporate Sustainability Due Diligence Directive fallende kleine und mittelständische Unternehmen aufgrund von Anforderungen größerer Kunden oder Lieferanten die Regelungen ebenfalls beachten müssen. Zudem wird ein zivilrechtlicher Haftungstatbestand eingeführt, sofern Sorgfaltspflichten verletzt werden und negative Auswirkungen eintreten, die durch erforderliche Maßnahmen hätten verhindert werden können.

Hinweis

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive ist eine von vielen Maßnahmen zur Umsetzung des European Green Deal und fällt damit in denselben Kontext wie die Corporate Sustainability Reporting Directive. Beide Richt­linien erhöhen den Umfang der von Unternehmen aufzubereitenden und zu veröffentlichenden Informationen erheblich.

Sebastian Behrens, B.Sc.

Steuerberater, Sustainability-Auditor IDW

+49 521 29934177

Dipl.-Kfm. Anna Margareta Gehrs

Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin, Sustainability-Auditor IDW

+49 521 2993176

Unsere Autorinnen und Autoren des Beitrags beraten Sie gerne zu Ihren persönlichen Fragen. Mehr zum Bereich:

Nachhaltigkeitsberatung

 

Steuern & Wirtschaft aktuell 3-2023

Veröffentlicht: 29. August 2023

In unserer neuen Ausgabe haben wir Informationen zu steuerlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Neuerungen für Sie zusammengestellt.

Die Top-Themen dieser Ausgabe:
1. Wachstumschancengesetz
2. Photovoltaikanlagen
3. Chancen und Risiken von KI-Sprachmodellen

alle Artikel

Kostenloser ABO-SERVICE für Rundschreiben

Möchten Sie immer gut informiert sein? Dann nehmen Sie unser Serviceangebot für Rundschreiben in Anspruch. Einblicke in steuerliche und rechtliche Veränderungen mit Perspektiven für neue Gestaltungsmöglichkeiten.

Abo bestellen