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EU-Entwaldungs­verordnung in Kraft getreten

Veröffentlicht: 11. August 2023
Von: Meike Wörmann, Sebastian Behrens

Ziel der Verordnung ist die Eindämmung der weltweiten Entwaldung sowie die Reduzierung von Waldschädigungen. Erforderlich ist für Anbieter und Verarbeiter bestimmter Warengruppen, die ihre Produkte im EU-Binnenmarkt anbieten oder aus der Union ausführen, die Einhaltung umfassender Sorgfaltspflichten, insbesondere hinsichtlich der Herkunft ihrer Produkte.

 

Die Entwaldung und Waldschädigung sind laut Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen besorgniserregend. Allein zwischen 1990 und 2020 ist weltweit eine Waldfläche größer als die Europäische Union verloren gegangen. Dies hat negative Auswirkungen auf die Klimaerwärmung und die biologische Vielfalt. Die EU nimmt dies zum Anlass im Rahmen des European Green Deal Maßnahmen zur Verringerung und Vermeidung von Entwaldung und Waldschädigung zu ergreifen. Hierzu hat sie die sog. EU-Entwaldungsverordnung (EU VO 2023/1115) auf den Weg gebracht, die am 29. Juni 2023 in Kraft getreten ist.

Die Verordnung enthält Vorschriften für das Inverkehrbringen und die Bereitstellung auf dem EU-Binnenmarkt sowie die Ausfuhr aus der Union durch sog. Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler von bestimmten Warengruppen, und zwar:

  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Kautschuk
  • Soja
  • Holz

Sofern Erzeugnisse die oben genannten relevanten Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden, liegt ein Anwendungsfall der EU-Entwaldungsverordnung vor. Eine detaillierte Prüfung, ob ein relevantes Erzeugnis vorliegt, bietet der Anhang I zur Verordnung, in dem die entsprechenden Erzeugnisse anhand ihrer Bezeichnung aus der sog. Kombinierten Nomenklatur wiedergegeben werden. Die Inverkehrbringung bzw. die Marktbereitstellung in der EU oder die Ausfuhr aus der EU dieser Rohstoffe und Erzeugnisse ist nur dann erlaubt, wenn die folgenden Voraussetzungen im Sinne des Artikel 3 der Verordnung erfüllt sind:

  • Die Rohstoffe sind entwaldungsfrei.
  • Sie wurden gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt.
  • Es liegt eine Sorgfaltserklärung vor.

Um sicherzustellen, dass die Rohstoffe den vorgenannten Kriterien entsprechen, ist die Sorgfaltspflicht gemäß Artikel 8 der Verordnung zu erfüllen. Diese umfasst wiederum folgende Bestandteile:

  • Sammlung von Informationen, Daten und Unterlagen aus denen hervorgeht, dass die Erzeugnisse den zuvor genannten Voraussetzungen entsprechen (insbesondere die Geolokalisierung der Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe erzeugt wurden, aber auch die genaue Bezeichnung des Produkts, Kontaktdaten aller Unternehmen von denen relevante Erzeugnisse bezogen wurden oder angemessene Informationen darüber, dass diese Erzeugnisse entwaldungsfrei sind)
  • Prüfung und Analyse dieser Informationen, Daten und Unterlagen unter Risikobewertungsgesichtspunkten
  • Maßnahmen zur Risikominderung, sofern die Risikobewertung ergibt, dass nicht vernachlässigbare Risiken vorliegen.

Die Verordnung beschreibt dabei detailliert die einzelnen Schritte zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht. Die gewonnenen Informationen sind innerhalb der Lieferkette weiterzugeben. Die Dokumentationskette reicht dabei bis zu dem Unternehmen, das das Produkt an den Endkunden abgibt. Für kleine und mittlere Unternehmen gelten hierbei Erleichterungen.

Gemäß der Verordnung haben Rohstoffe und Erzeugnisse eine entwaldungsfreie Herkunft, wenn sie auf Fläche produziert wurden, auf denen seit dem 31.12.2020 keine Entwaldung oder Waldschädigung stattgefunden hat. Folglich hat die Verordnung eine gewisse Rückwirkung, die eine Kontrolle der Einhaltung der Sorgfaltspflicht zusätzlich erschweren kann.

Fazit: Die Entwaldungsverordnung erweitert die Sorgfaltspflichten aus den weiteren Vorhaben der EU wie der CSDDD oder der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD für beteiligte Unternehmen und stellt diese vor zusätzliche strukturelle und prozessuale Herausforderungen. Da es sich hier um eine Verordnung handelt, tritt diese unmittelbar in Deutschland in Kraft und bedarf keinem nationalen Gesetzgebungsverfahren. Jedoch sind mittelbar gesetzliche Durchführungsbestimmungen erforderlich, die u.a. die Regelungen zu Zuständigkeiten und Befugnissen der beteiligten deutschen Behörden enthalten. Weitere gesetzliche Umsetzungsmaßnahmen sind daher zunächst abzuwarten. Obgleich zudem die Entwaldungsverordnung erst ab dem 30.12.2024 in vollem Umfang zur Geltung kommt, sind Unternehmen mit einem betroffenen Geschäftsmodell gut beraten, sich frühzeitig mit der Thematik zu befassen, da die umfangreiche Implementierung eines entsprechenden Compliancesystems damit einhergeht.

 

Dipl.-Wi.-Math. Meike Wörmann

Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Sustainability-Auditor IDW

+49 521 2993340

Sebastian Behrens, B.Sc.

Steuerberater, Sustainability-Auditor IDW

+49 521 29934177

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