Themenfelder

E. ESRS E4 Biologische Vielfalt und Ökosysteme

Veröffentlicht: 4. März 2024 aus Rundschreiben Nachhaltigkeit 2-2024
Von: Anna Margareta Gehrs, Sebastian Behrens

Dieser Standard soll dem Nutzer der Nachhaltigkeitserklärung ermöglichen, die wesentlichen positiven und negativen tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen des Unternehmens auf die biologische Vielfalt und Ökosysteme zu verstehen. Biologische Vielfalt versteht sich gemäß ESRS E4.3 als „die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Süßwasser-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören“. Ein „Ökosystem“ ist ein biologisches System, das aus lebenden Organismen (wie Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen) und ihrer nicht lebenden Umgebung besteht. Diese Organismen interagieren miteinander und mit ihrer physischen Umgebung auf komplexe Weise. Ein Ökosystem kann verschiedene Lebensräume umfassen, wie z. B. Wälder, Wiesen, Flüsse oder Ozeane. Der Standard enthält gemäß ESRS E4.2 „Angabepflichten in Bezug auf das Verhältnis des Unternehmens zu Land-, Süßwasser- und Meereslebensräumen, Ökosystemen und Populationen entsprechender Tier- und Pflanzen­arten, einschließlich der Vielfalt innerhalb der Arten zwischen den Arten und der Ökosysteme und ihrer Wechselwirkung mit indigenen Völkern und anderen betroffenen Gemeinschaften“.

 

1. Governance und Organisation
Gemäß ESRS E4 sind die Regelungen des ESRS 2 zu den allgemeinen Angaben entsprechend anzuwenden. Gemäß ESRS 2 SBM-3 kann ein Unternehmen die dort geforderten Angaben zusammen mit den themenbezogenen Angaben übermitteln.

Das Unternehmen muss eine Liste der wesentlichen Standorte offenlegen und hierfür die Unternehmensaktivitäten spezifizieren, die sich negativ auf Gebiete mit schutzbedürftiger Biodiversität auswirken. Es muss eine Aufschlüsselung der Standorte nach den identifizierten Auswirkungen und Abhängigkeiten sowie dem ökologischen Zustand der Gebiete erfolgen. Außerdem muss angegeben werden, ob wesentliche negative Auswirkungen in Bezug auf Landdegradation, Wüstenbildung oder Bodenversiegelung identifiziert wurden sowie ob Unternehmensaktivitäten ausgeübt werden, die sich auf bedrohte Arten in der Pflanzen- und Tierwelt gemäß der Europäischen Roten Liste oder der Roten Liste der IUCN auswirken.

2. Strategie und Geschäftsmodell
Gemäß ESRS E4.11 hat ein Unternehmen einen Übergangsplan vorzulegen. Dieser hat ein Verständnis für die Widerstandsfähigkeit der Strategie und des Geschäftsmodells des Unternehmens in Bezug auf biologische Vielfalt und Ökosysteme sowie für die Vereinbarkeit der Strategie und des Geschäftsmodells des Unternehmens mit den einschlägigen lokalen, nationalen und globalen politischen Zielen im Zusammenhang mit biologischer Vielfalt und Ökosystemen zu vermitteln. Inhalt des Übergangsplans ist insbesondere die Beschreibung der Resilienz von Strategie und Geschäftsmodell bezogen auf die Themen des Standards unter Berücksichtigung der Bewertung der Resilienz, des Umfangs und der Ergebnisse der Resilienzanalyse, der wichtigsten Annahmen, der verwendeten Zeithorizonte und der Einbeziehung von Interessenträgern.

Im Gegensatz zum Übergangsplan des ESRS E1 findet sich hier kein Hinweis, dass die Angabe nicht verpflichtend ist. Sofern also ESRS E4 als Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse als wesentlich eingestuft wird, ist ein entsprechender Übergangsplan zu erstellen und darzustellen. Mögliche Fragestellungen für die Wesentlichkeitsanalyse des Themas „Biologische Vielfalt und Ökosysteme“ sind in den Anwendungsanforderungen zu ESRS E4 ausführlich beschrieben.

3. Management von Auswirkungen, Risiken und Chancen
Das Unternehmen hat das Verfahren zur Ermittlung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen darzustellen. Hierbei hat es insbesondere anzugeben, ob und wie tatsächliche und potenzielle Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und Ökosysteme, aber auch Abhängigkeiten von diesen an den eigenen Standorten und in der Wertschöpfungskette identifiziert und bewertet werden. Des Weiteren sind Übergangsrisiken, physische Risiken und Chancen zu ermitteln und zu bewerten. Sofern es systemische Risiken gibt, muss erläutert werden, ob diese berücksichtigt wurden.

Darüber hinaus ist anzugeben, ob Konsultationen mit betroffenen Gemeinschaften durchgeführt wurden. Das gilt insbesondere für den Fall negativer Auswirkungen durch die Produktion oder Beschaffung von Rohstoffen auf betroffene Gemeinschaften. Zudem muss angegeben werden, ob das Unternehmen Standorte in oder in der Nähe von Gebieten mit schutzbedürf­tiger Biodiversität besitzt und ob die Geschäftstätigkeiten dieser Standorte sich negativ auf die genannten Gebiete auswirken, indem sie zu einer Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate von Arten sowie zur Störung von Arten führen, für die ein Schutzgebiet ausgewiesen wurde.

Darüber hinaus muss das Unternehmen die Notwendigkeit von festgestellten Abhilfemaßnahmen angeben.

Auch in ESRS E4 sind wie in ESRS E1 Szenarioanalysen grundsätzlich anwendbar. Abweichend zu ESRS E1 sind diese gemäß ESRS E3.18 aber freiwillig, da es im Standard heißt: „kann angeben, ob und wie es die Szenarioanalyse … genutzt hat“.

4. Parameter und Ziele
Das Unternehmen hat seine festgelegten Ziele im Zusammenhang mit Biodiversität und Ökosystemen anzugeben. Die Angabepflicht umfasst die erforderlichen Informationen nach ESRS 2 MDR-T.

Bei den Ausführungen zu den Zielen ist darauf einzugehen, ob und inwieweit diese mit den Auswirkungen, Abhängigkeiten, Risiken und Chancen von biologischer Vielfalt und Ökosystemen in Zusammenhang stehen, die vom Unternehmen im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit und seiner Wertschöpfungskette ermittelt wurden.

Es wird vorgeschlagen, möglichst messbare Ziele festzulegen, wie z. B. in ESRS E4-4 AR 26 genannt:

  • Größe und Lage aller geschützten oder wiederhergestellten Lebensraumflächen, unabhängig davon, ob sie direkt oder indirekt vom Unternehmen kontrolliert werden und ob der Erfolg der Wiederherstellungsmaßnahme von unabhängigen externen Fachleuten bestätigt wurde oder wird
  • neu geschaffene Flächen (Gebiete, in denen Be­wirtschaftungsinitiativen durchgeführt werden, um einen Lebensraum an einem Ort zu schaffen, an dem er ursprünglich nicht vorhanden war)
  • Anzahl oder Prozentsatz der Projekte/Standorte, deren ökologische Integrität verbessert wurde (z. B. Einrichtung von Fischtreppen, Wildtierkorridoren)

Die Auswirkungsparameter betreffend muss das Unternehmen offenlegen, ob es sich um gesetzlich vorgeschriebene oder freiwillige Parameter handelt. Es ist die Häufigkeit der Überwachung anzugeben und ob es sich bei den Parametern um Primär­daten, Sekundärdaten, modellierte Daten oder Expertenschätzungen handelt. Es ist darzustellen, welche Maßnahmen anhand der Parameter gemessen und überwacht werden und wie sie mit der Erreichung der Ziele zusammenhängen.

Bezüglich der Ziele ist anzugeben, ob bei deren Festlegung ökologische Schwellenwerte angewandt wurden und ob diese unternehmensspezifisch sind. Abschließend ist darauf einzugehen, welcher Stufe der Ab­hilfemaßnahmenhierarchie das jeweilige Ziel zuzuordnen ist. Die Abhilfemaßnahmenhierarchie umfasst die Stufen „Vermeidung“, „Minimierung“, „Sanierung und Wiederherstellung“ sowie „Ausgleich oder Kompensation“.

Dipl.-Kfm. Anna Margareta Gehrs

Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin, Sustainability-Auditor IDW

+49 521 2993176

Sebastian Behrens, B.Sc.

Steuerberater, Sustainability-Auditor IDW

+49 521 29934177

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ESRS E1– E5 Umweltstandards

 

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Nachhaltigkeit 2-2024

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