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Konkretisierung der CSRD-Inhalte

Veröffentlicht: 3. März 2023 aus Newsletter Nachhaltigkeit

Grundlage für die CSRD-Berichterstattung sind die Vorgaben des europäischen Green Deals und der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen bezüglich der Ziele „Klimaneutralität“ und „Nachhaltigkeit“. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ im Sinne der CSRD umfasst die drei Säulen „Umwelt“, „Soziales“ und „Unternehmensführung“. Weltweit wird für dieses Begriffstripel die englische Version genutzt: Environment, Social, Governance (ESG). Um die übergreifenden Ziele „Klimaneutralität“ und „Nachhaltigkeit“ zu er reichen, müssen Unternehmen künftig darüber berichten, welche Chancen und Risiken ihre aktuelle Tätigkeit im Hinblick auf die genannten Ziele bietet bzw. verursacht. Des Weiteren müssen sie erläutern, welche individuellen Ziele sie sich bezogen auf Klimaneutralität und Nachhaltigkeit gesetzt haben und welche Maßnahmen zu deren Umsetzung geplant sind. Die Berichterstattung soll dazu dienen, die weltweit verfügbaren Finanzmittel in als nachhaltig angesehene Tätigkeiten zu lenken und die oben genannten Ziele zu erreichen.

 

Dementsprechend muss die Berichterstattung transparent, konsistent, vergleichbar und in hohem Maße standardisiert sein. Die Standardisierung wird künftig für die Offenlegung in einem verbindlichen Offenlegungsformat münden, dem European Single Electronic  Format ( ESEF). Dieses gibt bestimmte Auszeichnungspflichten für Anhangangaben sowie für Angaben aus dem Nachhaltigkeitsbericht vor. Da das ESEF noch nicht final verabschiedet ist, möchten wir dieses in einem späteren Newsletter darstellen. Die Inhalte und die Berichtsformate sollen eine Auswertung über Unternehmen und Branchen hinweg ermöglichen, weshalb sehr stark mit vorgegebenen Kennzahlen zu arbeiten ist. Die Kennzahlen werden in den ESRS definiert und sind einheitlich von allen berichtspflichtigen Unternehmen anzuwenden. Der neue Nachhaltigkeitsbericht ist für deutsche Unternehmen zwingender Bestandteil der Lageberichterstattung.

Bislang bestand für Unternehmen bereits die Möglichkeit, freiwillig im Lagebericht über Nachhaltigkeitsthemen zu berichten. Diese Möglichkeit wurde jedoch – wie entsprechende Studien zeigen – nur in sehr geringem Umfang genutzt. Dementsprechend ist für das Gros der ab 2024, 2025 bzw. 2026 (bezüglich der konkreten Anwendungszeiträume wird auf die Tabelle am Ende dieses Newsletters verwiesen) zur Berichterstattung verpflichteten Unternehmen die Erläuterung von Nachhaltigkeitsthemen neu. Selbst Unternehmen, die bislang freiwillig Angaben gemacht haben, beschränkten sich dabei häufig auf verbale Erläuterungen und unterlegten diese selten mit konkreten Kennzahlen. Somit bestehen bei der überwiegenden Zahl der Unternehmen keine oder noch nicht in der erforderlichen Form ausgestaltete Systeme, die die notwendigen Informationen zusammentragen und die Ermittlung der geforderten Kennzahlen ermöglichen. Entsprechende Systeme sind somit sehr kurzfristig einzurichten.

Die Europäische Union hat eine Expertengruppe (EFRAG – European Financial Reporting Advisory Group) mit der Entwicklung der ESRS beauftragt. Diese Gruppe soll durch die Abfassung von Standards die Berichtspflichten konkretisieren – und zwar sowohl sektorübergreifend als auch sektor- und organisationsspezifisch. Die allgemeinen Standards wurden mit dem Entwurf im Frühjahr 2022 veröffentlicht und Fachgremien zur Konsultation zugeleitet. Nach Ablauf der Stellungnahmefrist Ende August 2022 erfolgte aufgrund erheblicher Kritik insbesondere an dem enormen Umfang der geplanten Angaben und Kennzahlen eine Überarbeitung seitens der EFRAG.

Die Überarbeitung führte zu einer gewissen Reduzierung der als Pflichtangaben geplanten Informationen und Kennzahlen. Die Standards weisen dennoch eine erhebliche Detailtiefe auf und sehen eine hohe Anzahl von Kennzahlen vor. In den zwölf allgemeinen Standards, die der EU-Kommission am 21.11.2022 vorgelegt wurden, sind 84 Angaben zu Offenlegungspflichten mit 1.144 gesonderten Kennzahlen enthalten. Dieser Berichtsumfang steht weiter in der Kritik. Es bleibt abzuwarten, ob die seitens der EU-Kommission unter den Mitgliedsstaaten durchzuführende Abstimmung zu einer weiteren Reduzierung des Berichtsumfangs führen wird. Nach aktuellem Stand wird wohl nicht damit gerechnet, sie wäre aber wünschenswert. Ein positiver Aspekt der Überarbeitung ist die Einführung einer Übergangsfrist für einzelne Offenlegungspflichten von bis zu drei Jahren. Diese betrifft z. B. die Informationen zur Wertschöpfungskette.

Der in den Standards vorgesehene Berichtsumfang ist grundsätzlich als Mindestumfang zu werten. Allerdings sehen sowohl die CSRD selbst als auch die Standards vor, dass Unternehmen nur über die für sie als wesentlich anzusehenden ESG-Aspekte zu berichten haben. Welche Aspekte für das Unternehmen wesentlich sind, legt es selbst fest. Die Überarbeitung der Standardentwürfe räumt den Unternehmen an dieser Stelle erfreulicherweise einen etwas größeren Spielraum ein. Die Festlegung der zu berichtenden ESG-Aspekte erfolgt im Rahmen einer vom Unternehmen durchzuführenden Wesentlichkeitsanalyse. Der Prozess der Wesentlichkeitsanalyse einschließlich der Auswahl der als wesentlich betrachteten ESG- Aspekte ist im Nachhaltigkeitsbericht zu beschreiben und somit nach außen transparent zu machen.

Kern der Wesentlichkeitsanalyse ist die Entscheidung darüber, welche ESG-Aspekte aus Unternehmenssicht und/oder aus der Sicht von Stakeholdern wesentlich sind. Zu diesem Zweck sind entsprechend auch die Stakeholder (z. B. Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Geldgeber, Kommunen, aber auch Gesellschafter) festzulegen. Wesentlich im Sinne der Nachhaltigkeit ist ein Aspekt dann, wenn er entweder maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens hat (sog. Outside-in-Perspektive oder financial materiality) oder aus der Geschäftstätigkeit eine erhebliche Auswirkung auf Umwelt bzw. Gesellschaft resultiert (Inside-out-Perspektive oder impact materiality). Die CSRD führt damit eine neue Definition des Begriffs „Wesentlichkeit“ ein, der deutlich umfassender ist als die Definition in der aktuell für kapitalmarktorientierte Unternehmen geltenden NFRD (Non-Financial Reporting Directive). Während bei letztgenannter für die Berichtspflicht eines ESG-Aspektes die Sowohl-als-auch-Bedingung gilt (heißt: ein Aspekt muss nach innen und nach außen wirken), reicht künftig die Entweder-oder-Bedingung. Diese Definition wird etwas irreführend als „doppelte Wesentlichkeit“ bezeichnet. Als Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse stehen die wesentlichen ESG-Aspekte eines Unternehmens fest, die den drei Säulen der CSRD (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) zugeordnet werden müssen. Hierzu sind unter Anwendung der Standards Erläuterungen zu geben und die entsprechenden Kennzahlen zu berichten.


Neben den konkreten wesentlichen ESG-Aspekten müssen Unternehmen allgemeine Angaben machen. Diese sind an den Anfang der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu stellen. Die allgemeinen Angaben und Informationen werden künftig in ESRS 1 sowie ESRS 2 festgelegt. Aktuell liegen diese wie alle sektorübergreifenden Standards nur als Entwurf vor, weshalb der Bezeichnung zurzeit jeweils noch ein E vorangestellt ist.

E-ESRS 1 und E-ESRS 2 befassen sich insbesondere mit folgenden Punkten:

  • Beschreibung des Geschäftsmodells (ggf. nach Geschäftsbereichen differenziert) und der Unternehmensstrategie bezogen auf Nachhaltigkeit, also bezüglich der drei Themenbereiche „Umwelt“, „Soziales“ und „Unternehmensführung"

  • Darstellung von Hauptmerkmalen der Wertschöpfungskette sowie von deren wesentlichen Treibern sowie Zuordnung der wesentlichen ESG-Aspekte zu den einzelnen Gliedern der Wertschöpfungskette

  • Erläuterungen zu Ansichten, Interessen und Erwartungen von Stakeholdern zu den wesentlichen ESG-Aspekten (Festlegung der Aspekte kann beispielsweise das Ergebnis der Erwartungen von Stakeholdern sein)

  • Darstellung von Wechselwirkungen dieser Aspekte mit der Unternehmensstrategie

  • Darstellung von Chancen und Risiken aufgrund von für das Unternehmen als wesentlich klassifizierten ESG-Aspekten

  • Beschreibung des zu Nachhaltigkeitsaspekten eingerichteten Risikomanagementsystems

  • Beschreibung der Verfahren zur Erlangung der gewünschten Informationen unter Berücksichtigung verschiedener Zeithorizonte (kurz-, mittel- und langfristig)

  • Darstellung der Verantwortlichkeit der Organe des Unternehmens für das Thema „Nachhaltigkeit“ (Zuständigkeiten, Berichtslinien etc.)

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Zusätzlich zu den beiden allgemeinen Standards gibt es Standards zu den drei Säulen der Nachhaltigkeit (ESG-Themen). Hierbei handelt es sich um folgende Standards:

  • Standards zu Umweltfaktoren
    E-ESRS E1: Klimawandel
    E-ESRS E2: Verschmutzung
    E-ESRS E3: Wasser- und Meeresressourcen
    E-ESRS E4: Biodiversität und Ökosysteme
    E-ESRS E5: Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft
     
  • Standards zu Sozialfaktoren
    E-ESRS S1: eigene Belegschaft
    E-ESRS S2: Arbeitnehmer in der Lieferkette
    E-ESRS S3: betroffene Gemeinden
    E-ESRS S4: Verbraucher und Endnutzer
     
  • Standard zu Governancefaktoren
    E-ESRS G1: Governance, Risikomanagement und interne Kontrolle
 

Die Standards zu den Umweltfaktoren lehnen sich an die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie an. Die Pflichtangaben gemäß EU-Taxonomie sind – gemäß einem ausdrücklichen Verweis in der entsprechenden Verordnung – zwingender Bestandteil der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die in der EU-Taxonomie und den ergänzenden Rechtsakten geforderten Angaben sind somit in die Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzunehmen. Bezüglich der vorgesehenen Kennzahlen der EU-Taxonomie besteht ein fest vorgeschriebenes Berichtsformat (Meldebögen in tabellarischer Form).

Zu den Umweltfaktoren zählen der Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel, die nachhaltige Nutzung und der Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, der Übergang zur Kreislaufwirtschaft, die Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie der Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Ein Unternehmen muss nur dann zu den genannten Punkten Erläuterungen machen und Kennzahlen berichten, wenn die genannten Umweltfaktoren für das Unternehmen relevant und wesentlich sind. Insoweit entfallen beispielsweise Erläuterungen zur Nutzung von Wasser bei Dienstleistungsunternehmen, bei denen Wasser nur in Kaffeeküchen und sanitären Anlagen verbraucht wird und somit von untergeordneter Bedeutung für die Geschäftstätigkeit ist.

Zu den Sozialfaktoren zählen die Chancengleichheit in Form von Geschlechtergerechtigkeit, Lohngleichheit, Ausbildung und Kompetenzentwicklung, Inklusion und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Des Weiteren fallen hierunter die Arbeitsbedingungen wie eine sichere und anpassungsfähige Beschäftigung, der soziale Dialog, die Einbeziehung von Arbeitnehmern sowie ein gesundes, sicheres und geeignetes Arbeitsumfeld. Ein wesentlicher Aspekt ist darüber hinaus die Achtung der Menschenrechte. Hierunter fallen beispielsweise ein klares Bekenntnis zu und die Anwendung von Menschenrechtsübereinkommen wie der UN-Menschenrechts-Charta.

Zu den unter Governancefaktoren zu berichtenden Aspekten zählen die Unternehmensethik und Unternehmenskultur einschließlich der Bekämpfung von Korruption, Erläuterungen zu politischem Engagement und Lobbytätigkeit, die Darstellung der Beziehungen zu Geschäftspartnern einschließlich Zahlungspraktiken, das interne Kontroll- und Risikomanagementsystem im Unternehmen einschließlich des IKS bezogen auf den Rechnungslegungs- und Berichterstattungsprozess sowie die Rolle des Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgans bezüglich Nachhaltigkeit.

Die einzelnen Standards sind in ihrer Struktur immer gleich aufgebaut und umfassen zunächst zu machende allgemeine Erläuterungen zu dem betreffenden Thema sowie Erläuterungen zur Unternehmensstrategie hierzu und die Wesentlichkeitsbewertung hinsichtlich des betreffenden Faktors. Gemäß dem zweiten Teil der Standards sind die hierzu im Unternehmen vorhandenen Richtlinien, die Ziele, die Aktionspläne (Maßnahmen) und die erforderlichen Ressourcen zur Umsetzung darzustellen. Im dritten Teil der Standards sind die Leistungskennzahlen aufgeführt, welche sowohl die als verbindlich vorgegebenen als auch ergänzende, optional mögliche Kennzahlen beinhalten. Die Kennzahlen werden jeweils genau definiert und sind nach dieser Vorgabe zu ermitteln. Über das oben bereits angesprochene, künftig neu zu nutzende Offenlegungsformat ESEF sind diese Kennzahlen mit bestimmten Merkmalen zu versehen, die eine softwaregestützte Analyse ermöglichen.

Wie eingangs erläutert, planen wir, die konkreten Inhalte zu den verschiedenen Standards dann in weiteren Newslettern im Laufe des Jahres vorzustellen, wenn sie in endgültiger Form vorliegen. Die aktuellen Fassungen der Standardentwürfe können auf der folgenden Webseite heruntergeladen werden: https://efrag.org/lab6.

 

Fazit

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist für die weit überwiegende Zahl der künftig hierzu verpflichteten Unternehmen Neuland. Der Umfang der zu ermittelnden Informationen ist erheblich und die Beteiligung vieler verschiedener Abteilungen des Unternehmens, aber auch außenstehen-der Berater an der Erhebung der Informationen zwingend erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist der noch verbleibende Zeitraum zur Einrichtung eines entsprechenden Systems trotz der Verschiebung des Erstanwendungszeitpunktes für große Unternehmen auf den 1.1.2025 eher knapp bemessen. Wir können daher nur dringend empfehlen, sich sehr zeitnah mit dem Thema „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ zu befassen und ein entsprechendes Projekt aufzusetzen.

 

Wir beraten Sie gerne!

  • Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Anna Margareta Gehrs

    Dipl.-Kfm.
    Anna Margareta Gehrs

    Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin, Sustainability-Auditor IDW

    +49 521 2993176

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