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Entwurf einer Richtlinie zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Veröffentlicht: 18. Mai 2022 aus Steuern & Wirschaft aktuell

Neben Klima- und Umweltschutz rücken die Beachtung der Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen als Teil des Nachhaltigkeitskonzepts in den Fokus von Stakeholdern. Neben dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hat nunmehr die Europäische Kommission den Entwurf einer Lieferkettenrichtlinie vorgestellt, die teilweise über die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes hinausgeht.

Am 23.2.2022 hat die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag für die Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen (Corporate Sustainability Due Diligence) angenommen. Unternehmen sollen zukünftig verpflichtet werden, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Menschenrechte und Umwelt zu vermeiden. Die Zielsetzung entspricht dem bereits verabschiedeten deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

Die Verpflichtung von Unternehmen nach dem Richt­linienvorschlag soll jedoch nicht auf unmittelbare Lieferanten begrenzt werden, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette gelten. Hierdurch werden Unternehmen verpflichtet, auch bei ihren indirekten Lieferanten und hinsichtlich der Entsorgung von Produkten für die Beachtung der Menschenrechte und des Umweltschutzes zu sorgen.

Der Kreis der verpflichteten Unternehmen wird ebenfalls weiter gefasst als im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Die Richtlinie soll für europäische Unternehmen mit einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. € und mehr als 500 Beschäftigten („Gruppe 1“) gelten. Darüber hinaus soll die Richt­linie zur Anwendung kommen, wenn ein europäisches Unternehmen einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 40 Mio. € erzielt und durchschnittlich mindestens 250 Arbeitnehmer beschäftigt sowie in einem sog. Schlüsselsektor (Textilindustrie, Land- und Forstwirtschaft sowie Ausbeutung von Bodenschätzen) tätig ist („Gruppe 2“). Auch Unternehmen aus Drittstaaten sollen verpflichtet werden, wenn die vorstehend genannten Umsatzschwellen in der Europäischen Union überschritten werden. Auch kleinere Tochterunternehmen dieser Unternehmen sind betroffen. Bei der Ermittlung der Umsätze und Beschäftigten findet keine Konzernbetrachtung statt. Anders als im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das rechtsformunabhängig anwendbar ist, sollen gemäß dem Richtlinienentwurf im Wesentlichen nur Kapitalgesellschaften verpflichtet werden.

Der Aufbau des geforderten Systems zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten und die zu schützenden Rechtsbereiche entsprechen in wesentlichen Teilen den Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.

Verstöße von Unternehmen gegen die Vorschriften sind sanktionsbewehrt. Entstehen Dritten Schäden aufgrund von Verstößen, soll dies einen eigenstän­digen zivilrechtlichen Haftungstatbestand auslösen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, nach dem Verstöße zwar sanktionsbewehrt sind, aber nicht zu Ersatzan­sprüchen Dritter führen.

Die Richtlinie soll für Unternehmen der Gruppe 1 zwei Jahre nach dem Inkrafttreten umgesetzt werden; für die Gruppe 2 beträgt die Frist vier Jahre. Die Richtlinie muss noch durch den Europäischen Rat verabschiedet werden. Die weitere Entwicklung bleibt daher abzuwarten.

FAZIT:

Sollte die Richtlinie in der vorliegenden Fassung umgesetzt werden, können Unternehmen erhebliche Umsetzungskosten, Beschränkungen ihrer Bezugsquellen und erhebliche Risiken aus der zivilrechtlichen Haftung drohen.

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