Deutsche Sonderregelung für Kundenanlagen europarechtswidrig
Veröffentlicht: 27. Mai 2025
aus
Steuern & Wirtschaft aktuell 2-2025
Von:
Sebastian Brinkmann
Der Europäische Gerichtshof hat am 28.11.2024 zunächst in einem Einzelfall entschieden, dass die deutsche Sonderregelung für sog. Kundenanlagen europarechtswidrig ist. Der Bundesgerichtshof folgt dem Europäischen Gerichtshof und hat die deutsche Sonderregelung faktisch abgeschafft.
Die eigentlich als bürokratische Erleichterung gedachte Regelung, wonach Kundenanlagen nicht Teil des Energieversorgungsnetzes und damit von bestimmten Netzbetreiberpflichten ausgenommen sind, hat der Europäische Gerichtshof am 28.11.2024 als europarechtswidrig eingestuft. Der Bundesgerichtshof hat die deutsche Sonderregelung mit seiner dem Europäischen Gerichtshof folgenden Entscheidung vom 13.5.2025 faktisch abgeschafft. Die deutsche Regelung bestimmt, dass Kundenanlagen nicht als Verteilernetze anzusehen sind. Damit unterliegen sie nicht einer Vielzahl von Regulierungen (z. B. Entflechtungsvorgaben, Umlagenerhebung, Meldepflichten etc.). Durch die nun vorliegende Entscheidung wird diese Erleichterung infrage gestellt und einer Vielzahl von Betreibern von Kundenanlagen drohen erhebliche weitere Pflichten.
Kundenanlagen treten in der Praxis in unterschiedlichsten Konstellationen auf. So können durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Betreiber von Energieerzeugungsanlagen (wie etwa Photovoltaikanlagen oder Blockheizkraftwerke), der Zentraleinkauf von Energie für die Unternehmensgruppe, der sog. Mieterstrom oder die Weiterleitung von Strom an Dritte (wie etwa den Kantinenbetreiber) betroffen sein. Voraussichtlich nicht betroffen sind reine Eigenerzeugungskonstellationen, wenn diese nicht der Versorgung von Kunden dienen.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs bleibt jetzt abzuwarten, wie der Gesetzgeber reagiert, um die durchaus erheblichen negativen Konsequenzen des Urteils durch eine Anpassung des Energiewirtschaftsgesetzes zu begrenzen.
HINWEIS
Potenziell betroffene Unternehmen sollten sich mit den Auswirkungen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs beschäftigen. In Abhängigkeit vom Einzelfall ist zu entscheiden, ob rechtlicher Rat eingeholt werden sollte.
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