Zuordnung der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang
Veröffentlicht: 27. Mai 2025
aus
Steuern & Wirtschaft aktuell 2-2025
Von:
Dr. Andreas Börger
Das Bundesarbeitsgericht betonte am 30.1.2025 erneut, dass es bei einem Betriebsübergang für den Übergang eines Arbeitsverhältnisses darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer dem übergehenden Betriebsteil überwiegend zugeordnet war. Entscheidend ist die tatsächliche Zuordnung, nicht allein der Arbeitsvertrag. An den Inhalt des Unterrichtungsschreibens sollen keine kaum erfüllbaren Anforderungen gestellt werden.
Die Parteien stritten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses und einen daraus abgeleiteten Beschäftigungsanspruch. Der Kläger war langjährig bei der Beklagten beschäftigt. Im Jahr 2019 veräußerte die Beklagte einen Betriebsteil. Der Kläger wurde dem verkauften Betriebsteil zeitlich unmittelbar vor dem Betriebsübergang zugeordnet und erhielt eine entsprechende Versetzungsmitteilung.
Er widersprach der Versetzung zunächst nur unter Vorbehalt, erhob aber erst mehr als ein Jahr später förmlich Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger macht geltend, sein Arbeitsverhältnis bestehe weiterhin mit der Beklagten, da kein Betriebsübergang vorliege bzw. er dem Übergang wirksam widersprochen habe. Die Beklagte hält dem einen rechtsmissbräuchlichen Zeitablauf entgegen.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte am 30.1.2025 die Vorinstanzen dahin gehend, dass es sich bei den von der neuen Arbeitgeberin übernommenen Betriebsstätten um eine wirtschaftliche Einheit handelte, die identitätswahrend überging. Dass diese Einheit erst kurz vor dem Übergang geschaffen wurde, sei unerheblich – eine übergangsfähige Struktur könne auch neu gebildet werden, solange sie nicht nur zum Schein bestehe. Daher liege ein wirksamer Betriebsübergang vor.
Das Bundesarbeitsgericht bejahte sodann einen wirksamen Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Sein Recht, sich auf die Unwirksamkeit der Versetzung zu berufen, sei zwar nicht bereits verwirkt, da er zeitnah reagiert habe und rechtlich vorgegangen sei. Jedoch war das Unterrichtungsschreiben über den Betriebsübergang nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts inhaltlich korrekt, sodass die Widerspruchsfrist von einem Monat mit der Zustellung des Schreibens in Gang gesetzt wurde. An den Inhalt der Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs dürfen nach Auffassung des Gerichts keine im praktischen Leben kaum erfüllbaren Anforderungen dahin gehend gestellt werden, wonach das Unterrichtungsschreiben „keinen juristischen Fehler“ enthalten darf. Fehler, die für den Willensbildungsprozess der Arbeitnehmer, ob sie einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen, regelmäßig ohne Belang sind, führen nicht dazu, dass die Widerspruchsfrist nicht zu laufen beginnt. Der Widerspruch des Klägers nach einem Jahr war demnach verspätet.
FAZIT
Bei einem Betriebsübergang entscheidet die tatsächliche Zuordnung zur wirtschaftlichen Einheit – nicht der bloße Arbeitsvertrag. Die ordnungsgemäße und rechtzeitige Unterrichtung der Beschäftigten ist für Arbeitgeber zudem essenziell, um den Ablauf rechtssicher zu gestalten. Erfreulich ist, dass zukünftig nicht jeder juristische Fehler im Unterrichtungsschreiben dazu führt, dass die Widerspruchsfrist nicht zu laufen beginnt.
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