Schadensersatz bei verspäteter Zielvorgabe
Veröffentlicht: 27. Mai 2025
aus
Steuern & Wirtschaft aktuell 2-2025
Von:
Dr. Andreas Börger
Das Bundesarbeitsgericht stellte am 19.2.2025 klar, dass Arbeitgeber Zielvorgaben für variable Vergütungsbestandteile rechtzeitig festlegen müssen. Wird diese Pflicht verletzt, kann dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen.
Im konkreten Fall war der Kläger als Führungskraft bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war eine variable Vergütung vorgesehen, die an die Erreichung bestimmter Ziele gekoppelt war. Diese Ziele mussten gemäß einer Betriebsvereinbarung bis spätestens zum 1. März eines jeden Jahres festgelegt werden. Allerdings erfolgte die Festlegung der Unternehmensziele für das Jahr 2019 erst am 15.10.2019, während individuelle Ziele des Klägers überhaupt nicht definiert wurden.
Der Kläger argumentierte, dass er bei einer rechtzeitigen Zielvorgabe die Unternehmensziele zu 100 % und seine individuellen Ziele zu 142 % erreicht hätte. Da ihm die Ziele nicht rechtzeitig vorgegeben wurden, forderte der Kläger Schadensersatz in Höhe von 16.035,94 € brutto.
Das Bundesarbeitsgericht stellte am 19.2.2025 klar, dass eine verspätete oder fehlende Zielvorgabe des Arbeitgebers einen Anspruch auf Schadensersatz auslöst. Der Anspruch des Arbeitnehmers resultiert aus der schuldhaften Verletzung der arbeitsvertraglichen Verpflichtung des Arbeitgebers, die Ziele rechtzeitig festzulegen. Dies gilt auch dann, wenn eine nachträgliche Zielvorgabe keine ausreichende Motivations- und Anreizfunktion mehr erfüllen kann. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch die verspätete Zielvorgabe entstanden ist.
Besonders relevant ist hierbei, dass das Bundesarbeitsgericht den Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers anerkennt, obwohl die Zielvorgabe nicht völlig ausgeblieben war, sondern lediglich verspätet erfolgte. Es wurde davon ausgegangen, dass der Kläger bei einer rechtzeitigen Zielvorgabe die vollen variablen Vergütungsanteile erhalten hätte.
PRAXISTIPP
Um möglichen Schadensersatzansprüchen vorzubeugen, sollten Arbeitgeber Zielvorgaben für variable Vergütungen – insbesondere wenn keine Fristvereinbarung besteht – frühzeitig im Jahr festlegen.
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