Kein Anscheinsbeweis beim Einwurf-Einschreiben ohne Auslieferungsbeleg
Veröffentlicht: 27. Mai 2025
aus
Steuern & Wirtschaft aktuell 2-2025
Von:
Dr. Andreas Börger
Das Bundesarbeitsgericht entschied am 30.1.2025, dass die Zustellung einer Kündigung per Einwurf-Einschreiben ohne Auslieferungsbeleg keinen ausreichenden Beweis für den Zugang beim Empfänger darstellt. Arbeitgeber tragen in solchen Fällen das volle Risiko für fehlende Nachweise – mit möglicherweise weitreichenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen.
Im Urteilsfall sollte eine medizinische Fachangestellte aus einer Augenarztpraxis entlassen werden, weil sie mutmaßlich Eintragungen über nicht erfolgte Coronaimpfungen im Impfpass ihres Ehemanns vorgenommen hatte. Nachdem erste Kündigungsversuche bereits aus formalen Gründen scheiterten, blieb im gerichtlichen Verfahren nur noch die Frage offen, ob eine außerordentliche Kündigung wirksam zugegangen war.
Die Arbeitgeberin hatte die Kündigung per Einwurf-Einschreiben versendet und einen Einlieferungsbeleg sowie einen Sendestatus vorgelegt. Die Mitarbeiterin bestritt jedoch den Zugang. Das Bundesarbeitsgericht entschied am 30.1.2025, dass ein Einlieferungsbeleg nicht ausreicht, um den Zugang der Kündigung nachzuweisen. Für einen sog. Anscheinsbeweis wäre ein Auslieferungsbeleg erforderlich gewesen – diesen hatte die Arbeitgeberin nicht rechtzeitig angefordert.
Zudem wies das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass auch ein Online-Tracking-Status („zugestellt“) kein ausreichender Beweis sei. Es lasse sich daraus nicht ableiten, wie genau die Zustellung erfolgt ist oder wer die Sendung angenommen oder in Empfang genommen hat. Ohne nähere Angaben zur Art der Zustellung oder zur Person des Zustellers sei ein Zeugenbeweis nicht möglich.
HINWEIS
Kündigungen sollten möglichst mit gerichtsfesten Zustellmethoden (z. B. persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung) erfolgen, um den Zugang im Streitfall sicher nachweisen zu können.
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