Hinauskündigungsklauseln in der Start-up-Finanzierung
Veröffentlicht: 24. Februar 2025
aus
Steuern & Wirtschaft aktuell 1-2025
Von:
Dr. Andreas Börger
In vielen Start-ups werden sog. Vesting-Klauseln vereinbart, um Gründer langfristig an das Unternehmen zu binden. Ein aktuelles Urteil des Kammergerichts Berlin vom 12.8.2024 zeigt, dass durch eine solche Klausel die Ausschließung eines Mitgesellschafters ohne sachlichen Grund („Hinauskündigungsklausel“) sachlich gerechtfertigt und damit wirksam sein kann.
Investoren verlangen in Start-ups häufig sog. Vesting-Klauseln. Darin verpflichtet sich der Gesellschafter bereits zum Verkauf der Anteile an seine Mitgesellschafter, wenn er innerhalb der Vesting-Periode ausscheidet. Sie sollen einerseits Gründer an das Unternehmen binden und andererseits Investoren Sicherheit für einen Erwerb weiterer Anteile im Falle des Ausscheidens geben.
Das Kammergericht Berlin entschied am 12.8.2024, dass eine Hinauskündigungsklausel in einer solchen Vesting-Regelung ausnahmsweise wirksam sein kann, wenn sie darauf abzielt, den Fortbestand der Gesellschafterstellung mit dem weiteren Engagement des Gründers zu verknüpfen. Im konkreten Fall hatten die Gründer einer GmbH mit den Investoren vereinbart, dass sie bei ordentlicher Kündigung ihres Beschäftigungsverhältnisses im ersten Jahr ihre Anteile vollständig verlieren. Ein Gründer, der sein Beschäftigungsverhältnis gekündigt hatte, hielt diese Regelung für sittenwidrig. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht.
Grundsätzlich sind Hinauskündigungsklauseln, die einem Gesellschafter ohne sachlichen Grund den Ausschluss aus der Gesellschaft ermöglichen, unwirksam. Allerdings kann eine solche Regelung gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen. Das Gericht sah diese als gegeben an, da die Klausel dem Interesse der Investoren und der Mitgründer diene. Die Investoren müssten sich darauf verlassen können, dass die Gründer sich mit vollem Einsatz für das Unternehmen engagieren. Gleichzeitig ermögliche eine solche Klausel, dass Unstimmigkeiten im Gründerteam frühzeitig erkannt und bereinigt werden.
Solche Vesting-Regelungen können nicht nur den Investoren, sondern auch den Gründern selbst nutzen. Sie helfen, notwendige Finanzmittel zu beschaffen und potenzielle Konflikte zwischen Gesellschaftern frühzeitig zu lösen. Allerdings müssen sie zeitlich begrenzt und sachlich gerechtfertigt sein, um wirksam zu sein.
PRAXISTIPP
Start-ups sollten sog. Vesting-Klauseln sorgfältig gestalten. Eine befristete Hinauskündigung kann zulässig sein, wenn sie mit sachlichen Gründen – etwa dem langfristigen Engagement der Gründer – gerechtfertigt wird.
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