Fristlose Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit
Veröffentlicht: 24. Februar 2025
aus
Steuern & Wirtschaft aktuell 1-2025
Von:
Dr. Andreas Börger
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat am 8.7.2024 die fristlose Kündigung einer Grundschulsekretärin für wirksam erklärt, die sich krankgemeldet hatte, um an einem Trainer-Lehrgang teilzunehmen. Die Entscheidung betont, dass eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt.
Die Klägerin war seit 2007 als Sekretärin an einer Grundschule beschäftigt. Im September 2022 wurde ihr mitgeteilt, dass ihr am 6.7.2023 kein Urlaub gewährt werden könne. Am 5.7.2023 meldete sich die Klägerin telefonisch krank und legte eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 5. bis 7.7.2023 vor. Am 6.7.2023 nahm sie an einem Trainer-Lehrgang teil. Als die Arbeitgeberin davon erfuhr, hörte sie die Klägerin an und kündigte ihr am 18.7.2023 außerordentlich fristlos.
Da der Arbeitgeber das Nichtvorliegen einer Arbeitsunfähigkeit regelmäßig nicht beweisen kann, darf sich der Arbeitnehmer nicht mit einem einfachen Bestreiten und einem Verweis auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begnügen. Vielmehr muss der Arbeitnehmer im Rahmen einer sekundären Darlegungslast vortragen, welche tatsächlichen Umstände für das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit sprechen.
Dieser sekundären Darlegungslast ist die Klägerin nicht nachgekommen. Laut dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 8.7.2024 genügt hierfür die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht. Zwar komme dieser ein hoher Beweiswert zu, jedoch habe der Arbeitgeber den Beweiswert der Krankschreibung erschüttert. Dies ergebe sich zunächst daraus, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für einen Zeitraum ausgestellt worden ist, für den die Klägerin unstreitig zuvor Urlaub begehrt hat. Verstärkt werde dies durch die Teilnahme an dem Trainer-Lehrgang. Die Teilnahme an einem Lehrgang setze eine Belastbarkeit voraus, die mit einer angeblichen Arbeitsunfähigkeit nicht vereinbar war. Die Klägerin konnte nicht überzeugend erklären, welche gesundheitlichen Einschränkungen ihre Arbeitsfähigkeit verhinderten, aber gleichzeitig die Teilnahme am Lehrgang ermöglichten. Neben der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe die Klägerin keinen ausreichenden Vortrag zu der Ursache ihrer Erkrankung geleistet. Damit stand für das Gericht eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit fest.
Aufgrund der Schwere des Vertrauensbruchs hielt das Landesarbeitsgericht Niedersachsen die außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung für gerechtfertigt.
FAZIT
Arbeitgeber können eine Kündigung aussprechen, wenn berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen. Wird dadurch der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert, müssen Arbeitnehmer glaubhaft machen, dass sie tatsächlich arbeitsunfähig waren.
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