Inkongruente Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften: Bundesfinanzhof erkennt übliche Gestaltung an.
Veröffentlicht: 2. Februar 2022
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in der Rechtssache VIII R 25/19 darüber zu entscheiden, ob eine vom Anteilsverhältnis abweichende Gewinnausschüttung an bestimmte (Minderheits-) Gesellschafter auch für die restlichen (Mehrheits-) Gesellschafter zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt, dessen Gewinnanteile auf personenbezogenen Rücklagenkonten bei der Gesellschaft verbleiben und nicht ausgezahlt werden.
In seinem Urteil vom 28.09.2021 kam der BFH zu dem für Steuerpflichtige erfreulichen Ergebnis, dass eine vom Anteilsverhältnis abweichende Gewinnausschüttung grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen ist.
Zivilrechtlich gestattet § 29 Abs. 2, 3 GmbHG, dass nur die Anteile bestimmter Gesellschafter am Gewinn ausgeschüttet werden, während die Anteile anderer Gesellschafter in gesellschafterbezogene Gewinnrücklagen eingestellt werden. Wirtschaftlich soll mit solchen Gestaltungen vermieden werden, dass an alle Gesellschafter ausgeschüttet und Kapitalertragsteuer einbehalten werden muss, obwohl nur einige Gesellschafter die Ausschüttung wünschen. Andererseits sollen Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern durch die Erfassung in der gesellschafterbezogene Gewinnrücklagen vermieden werden.
Derart gespaltene Gewinnverwendungen sind gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn die Satzung der GmbH dies erlaubt und die Gesellschafter einen wirksamen Beschluss hierüber fassen.
Vor diesem Hintergrund können denjenigen Gesellschaftern, dessen Gewinnanteile in einer gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage auf Unternehmensebene verbleiben, auch keine Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zufließen. Ohne Gesellschafterbeschluss über die Ausschüttung dieser – in die Gewinnrücklage eingestellter – Beträge wird kein Anspruch der Gesellschafter begründet und ein Zufluss scheidet aus.
Ebenfalls erfreulich ist die klare Ablehnung eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten in Fällen inkongruenter Gewinnausschüttungen.
Fazit
Im Ergebnis ist die aktuelle BFH-Rechtsprechung begrüßenswert für Steuerpflichtige, da sie zugleich Rechtssicherheit schafft und Gestaltungsspielräume im Gesellschafterkreise eröffnet.
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