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Force-Majeure-Klauseln für Krisenzeiten – Regelungen für das Unvorhersehbare

Veröffentlicht: 18. Mai 2022 aus  Steuern & Wirtschaft aktuell

Force-Majeure-Klauseln regeln, in welchen Fällen „höhere Gewalt“ vorliegt und welche Auswirkungen das auf die Leistungspflichten der Vertragsparteien und das Vertragsverhältnis hat. Ohne solche Klauseln kommen die auslegungsbedürftigen und damit im Ernstfall streitanfälligen nationalen oder internationalen gesetzlichen Regelungen zur Anwendung. Um dies zu vermeiden, sind geeignete Vereinbarungen in allen Verträgen anzuraten. Hierbei sollte festgelegt werden, wann ein Fall „höherer Gewalt“ vorliegt und wie in diesem Fall verfahren wird.

In den letzten zweieinhalb Jahren wurden auch deutsche Unternehmen von nationalen und internationalen Krisen getroffen. Erinnert sei z. B. an die Corona-pandemie, an den Krieg in der Ukraine, an die Blockade des Suezkanals und an die Überschwemmungen im Ahrtal. Diese Krisen haben teilweise zu Unterbrechungen von Lieferketten für Rohstoffe und Vorprodukte sowie zu starken Preissteigerungen bei der Beschaffung geführt. Dies macht die Notwendigkeit einer Regelung von Situationen höherer Gewalt durch sog. Force-Majeure-Klauseln (alternativ Act-of-God oder Höhere-Gewalt-Klauseln) in Verträgen mehr als deutlich.

Bei der Formulierung solcher Klauseln in Verträgen ist Vorsicht geboten. Denn schon eine zu pauschale Definition des Anwendungsbereichs, beispielsweise ein schlichter Verweis auf höhere Gewalt, gefährdet die Rechtssicherheit der Klauseln. Aus Sicht der Rechtsprechung liegt höhere Gewalt nur dann vor, wenn ein Ereignis und dessen Folgen unvorhersehbar, unvermeidbar und außergewöhnlich sind. Die für höhere Gewalt häufig genannten Lehrbuchfälle von Krieg, Seuchen und Naturkatastrophen sind jedoch in den letzten Jahren vermehrt aufgetreten. Dementsprechend wird mit Blick auf Pandemien für neu abgeschlossene Verträge mittlerweile vertreten, dass hier keine höhere Gewalt vorliegt.

Spätestens seit Beginn des Kriegs in der Ukraine ließe sich diese Argumentation ebenfalls auf eskalierende politische Spannungen und ihre Folgen übertragen. Auch für Gebiete mit vermehrt wiederkehrenden Naturkatastrophen wird vertreten, dass die Rechts­folgen von höherer Gewalt wegen der Vorhersehbarkeit entsprechender Ereignisse abzulehnen seien.

Neben der höheren Gewalt im Allgemeinen sollte ein möglichst umfassender Katalog konkreter Fälle in Verträge aufgenommen werden, um die Rechtssicherheit entsprechender Regelungen zu verbessern.

Daneben sind auch die Rechtsfolgen von höherer Gewalt vertraglich festzulegen. Diese sollten sich an den Maßstäben einer AGB-Kontrolle messen lassen, da die Rechtsprechung in den letzten Jahren einen extensiven AGB-Begriff verwendet. Folglich ist darauf zu achten, dass nicht einseitig benachteiligend von einer gesetzlichen Regelung abgewichen wird und die Risiken nicht unverhältnismäßig einer Seite aufgebürdet werden. Standardklauseln sind diesbezüglich weitgehend ungeeignet. Vielmehr sollte im Einzelfall geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen beispielsweise Nachverhandlungen, Preisanpassungen, Rücktritts- oder Kündigungsmöglichkeiten oder das vollständige Entfallen der Leistungspflicht zulässig sind. Auch sollte überprüft werden, inwieweit es spezialgesetzliche Regelungen gibt, wie beispielsweise ein Kündigungsrecht wegen anhaltender höherer Gewalt nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, von denen dann ggf. abgewichen wird.

Ferner ist zu überlegen, vorhersehbare Risiken, wie Inflation oder Währungsschwankungen, durch Indexierungs- oder Wertsicherungsklauseln zu minimieren.

HINWEIS:

Aufgrund gegenwärtig häufig auftretender Krisen ist zweifelhaft, ob die Rechtsprechung die Folgen von z. B. Epidemien, Naturkatastrophen und geopolitischen Eskalationen auch zukünftig noch als höhere Gewalt anerkennen wird. Darum sollten Unternehmen auf möglichst präzise passende Force-Majeure-Klauseln achten. Daneben empfiehlt es sich, auch Vereinbarungen für das Eintreten bekannter Risiken, wie z. B. Inflation, Währungs- und Preisschwankungen, zu treffen.

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