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Das Optionsmodell: Rein in die Körperschaftsteuer – raus aus der Körperschaftsteuer – Sind Personengesellschaften bald die besseren Kapitalgesellschaften?

Aktualisiert: 25. Mai 2021 / Veröffentlicht: 01. April 2021


Update: 25. Mai 2021

Am 21.05.2021 verabschiedete der Bundestag das Optionsmodell in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drs. 19/29843 vom 19.05.2021). Diese enthält die folgenden wesentlichen Änderungen:

1. Der Optionsantrag ist nun nicht mehr form- und fristlos, sondern elektronisch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz mit einmonatiger Frist zu stellen.
2. Die grunderwerbsteuerlichen Befreiungsmöglichkeiten für Personengesellschaften werden für optierende Gesellschaften stark eingeschränkt.

Der nächste Schritt im Gesetzgebungsverfahren ist die Entscheidung des Bundesrats, die eventuell schon am 25.06.2021 bevorstehen könnte.

Stand: 1. April 2021
Am 24.03.2021 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) veröffentlicht. Sein Ziel ist die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für mittelständische Personengesellschaften und Familienunternehmen. Kernstück ist die Möglichkeit für Personengesellschaften, sich für Zwecke der Ertragsbesteuerung wie eine Kapitalgesellschaft behandeln zu lassen (sog. Optionsmodell). Hinzu kommen eine Öffnung des Umwandlungsteuerrechts für Fälle mit Drittstaatenbezug, eine Vereinfachung der Organschaftsbesteuerung sowie eine verbesserte Abziehbarkeit von Wechselkursverlusten bei Gesellschafterdarlehen.

Thema dieses Beitrags ist das Optionsmodell für Personengesellschaften.

Weil die Thesaurierungsbegünstigung für Personengesellschaften in der Praxis wenig genutzt wird, kommt für diese Unternehmen nun der nächste Versuch einer Flexibilisierung der Unternehmensbesteuerung: die Körperschaftsteueroption (§ 1a KStG-E).

Anwenderkreis

§ 1a KStG-E spricht Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften an. Auch ausländische Gesellschaften sollen grds. optieren können, soweit eine Besteuerung ihrer Einkünfte sichergestellt ist. Im Falle einer Umsetzung des Gesetzentwurfs zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) dürften auch eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts als optionsfähige Gesellschaften qualifizieren.

Nicht zum Anwenderkreis gehören hingegen Einzelunternehmer und Investmentfonds.

Erforderliche Maßnahmen

Die Option zur Körperschaftsteuer ist durch einen unwiderruflichen Antrag der Personengesellschaft bei ihrem Finanzamt auszuüben. Wirksam ist dieser Antrag nur, wenn alle Gesellschafter vorab einen einstimmigen Beschluss darüber gefasst haben, weil die Option materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich nicht nur auf Gesellschaftsebene, sondern einheitlich auch auf Gesellschafterebene wirkt.

Um einen ertragssteuerneutralen Wechsel in die Körperschaftsteuer zu erreichen, ist nach den umwandlungssteuerlichen Regelungen zusätzlich ein Antrag auf Buchwertansatz seitens der fiktiv entstehenden steuerlichen Kapitalgesellschaft erforderlich.

Für die Ausübung der Rückoption (Wechsel aus der Körperschaftsteuer zurück zur normalen Personengesellschaft) sind die gleichen Maßnahmen – nur entgegengesetzt – durchzuführen.

Rechtsfolgen

Die Rechtsfolgen der Optionsausübung beschränken sich auf die Ertragsteuern. Für umsatz-, erbschaft- und grunderwerbsteuerliche Zwecke gilt eine optierende Gesellschaft weiterhin als Personengesellschaft.

Ertragsteuerlich unterliegen optierende Gesellschaften wie Kapitalgesellschaften der Gewerbe- und Körperschaftsteuer. Ihre Gesellschafter halten fiktive Anteile an einer Kapitalgesellschaft – oder anders ausgedrückt: Anteile an einer zivilrechtlichen Personen-, aber steuerlichen Kapitalgesellschaft. Eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Gesellschaftertypen, wie etwa bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, ist nicht vorgesehen.

Wesentlicher Treiber für die Körperschaftsteueroption dürfte in den meisten Fällen die Nutzung des Thesaurierungsvorteils sein, d.h. der steuerlichen Entlastung thesaurierter Unternehmensgewinne um bis zu 15%-Punkte. Während thesaurierende Kapitalgesellschaften und optierende Gesellschaften insgesamt mit etwa 30% Körperschaft- und Gewerbesteuern belastet werden, kommt bei Personengesellschaften grundsätzlich der tarifliche Einkommensteuersatz der Gesellschafter zur Anwendung, woraus in der Spitze eine Belastung von über 45% resultieren kann.

Im Verlustfall ist demgegenüber allerdings eine Personengesellschaft vorteilhaft. Während die Verluste einer Kapitalgesellschaft oder optierenden Gesellschaft nur ihre eigenen (vorangegangenen oder zukünftigen) Gewinne mindern, können die Verluste einer Personengesellschaft grds. einkommensteuerlich mit anderen steuerpflichtigen Einkünften auf Gesellschafterebene verrechnet werden.

Als weiterer Beweggrund für eine Option zu Körperschaftsteuer kommt die Möglichkeit einer ertragsteuerlichen Aufdeckung stiller Reserven in Betracht, bspw. zur Nutzung steuerlicher Verluste.

Der Übergang in die Körperschaftsteuer gilt für ertragsteuerliche Zwecke als Formwechsel der Personen- in eine Kapitalgesellschaft, sodass – mit Einschränkungen – die umwandlungssteuerlichen Regelungen anwendbar sind.

Das Betriebsvermögen der Personengesellschaft wird im Zuge der Optionsausübung körperschaftsteuerliches Betriebsvermögen.

Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Wechsel zu Buchwerten und damit ertragsteuerneutral möglich.

Die bisherigen mitunternehmerbezogenen Wertansätze (einschließlich etwaiger Korrekturen in Ergänzungsbilanzen) werden zu körperschaftsteuerlichem Betriebsvermögen. Hieraus resultiert im Zeitpunkt des fiktiven Formwechsels zwecks Trennung der Gesellschaftereinlagen von thesaurierten Gewinnen das fiktive steuerliche Einlagekonto der optierenden Gesellschaft. Gleichzeitig gelten diese Werte als Anschaffungskosten der Gesellschafter für die fiktiven Kapitalgesellschaftsanteile.

Zur Vermeidung von Steuervorteilen aus Beteiligungsverkäufen beginnt mit dem Zeitpunkt des fiktiven steuerneutralen Formwechsels eine siebenjährige Sperrfrist für die Anteile der Gesellschafter an der optierenden Gesellschaft sowie die Anteile an Kapitalgesellschaften, die Betriebsvermögen der optierenden Gesellschaft selbst sind. Eine Veräußerung, Substanzauskehr oder anderweitige schädliche Verwendung innerhalb dieses Zeitraums lösen eine rückwirkende Steuerbelastung des Übergangs in die Körperschaftsteuer aus. Hinzu kommt eine jährliche Nachweispflicht gegenüber dem Finanzamt während der Dauer der Sperrfrist.

Die steuerneutrale Umsetzung der Option setzt eine Zuordnung aller für den Betrieb der Personengesellschaft wesentlichen Wirtschaftsgüter zum körperschaftsteuerlichen Betriebsvermögen voraus. Dazu können auch die im Eigentum eines Gesellschafters stehenden Wirtschaftsgüter zählen, die etwa aufgrund einer Nutzung durch die Personengesellschaft im Sonderbetriebsvermögen bilanziert sind. Nach den anwendbaren gesetzlichen Regelungen müssen diese wohl vorab auf die Personengesellschaft übertragen werden. Ist dies nicht gewünscht, wäre eine vorherige Übertragung in ein anderes Betriebsvermögen des Gesellschafters zu prüfen.

Schädlich ist der fiktive Formwechsel in Bezug auf vorhandene Vortragswerte der Personengesellschaft: Verlustvorträge (verrechenbare Verluste im Sinne des § 15a EStG, vortragsfähige Gewerbeverluste) sowie Zins- und EBITDA-Vorträge fallen weg. Haben die Gesellschafter der optionswilligen Personengesellschaft in der Vergangenheit die Thesaurierungsbegünstigung in Anspruch genommen, kommt es mit dem Wechsel in die Körperschaftsteuer zum Wegfall dieser Begünstigung durch die sog. Nachversteuerung. In diesen Fällen sind die Vorteile einer Körperschaftsbesteuerung sehr genau gegen die Nachteile abzuwägen.

Gleiches trifft auch auf Inbound-Strukturen zu, die sich mit komplexen Fragestellungen konfrontiert sehen dürften, sodass für sie ein zivilrechtlich wirksamer Formwechsel sinnvoller scheint. Generell sind die Auswirkungen auf grenzüberschreitend tätige Personengesellschaften und etwaige Folgewirkungen für wegzugswillige Gesellschafter individuell zu prüfen.

Bei der laufenden Besteuerung der optierenden Gesellschaft sind weitere Rechtsfolgen zu beachten. Von besonderer Bedeutung sind die bisherigen Sondervergütungen, die dann den originären Einkunftsarten zugeordnet werden:

Auf Gewinnentnahmen und Zinserträge sind die für die Einkünfte aus Kapitalvermögen geltenden besonderen Vorschriften anzuwenden. Nachteilig kann sich hier das Werbungskostenabzugsverbot auswirken, wenn der Gesellschafter seine Anteile fremdfinanziert und die Zinsaufwendungen bisher als Sonderbetriebsausgaben abgezogen hat. Nach der Option ist ein Abzug nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. Zu den Kapitalerträgen zählen auch verdeckte Gewinnentnahmen, sodass Vergütungen an Gesellschafter auf ihre Fremdüblichkeit zu prüfen sind.

Fremdübliche Tätigkeitsvergütungen gehören beim Gesellschafter zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und unterliegen dann den lohnsteuerlichen Regelungen.

Hinzu kommen Mieterträge und sonstige Einkünfte.

Auch die Gewinne aus einer Veräußerung der Anteile an der optierenden Gesellschaft sind unter die für die Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen anwendbaren Normen zu subsumieren.

Einschränkend ist in diesem Zusammenhang der generelle Subsidiaritätsgrundsatz zu beachten. Die Einkünfte bleiben auf Gesellschafterebene den gewerblichen Einkünften zugeordnet, wenn der Gesellschafter sie im Rahmen eines einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Betriebsvermögens realisiert oder eine Betriebsaufspaltung vorliegt bzw. begründet wird.

Die Rückoption schließlich, d.h. der Wechsel zurück in die Personengesellschaftsbesteuerung, gilt als Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft unter Berücksichtigung der maßgebenden umwandlungsteuerlichen Konsequenzen. Diese implizieren eine Prüfung der Voraussetzungen für eine steuerneutrale Umwandlung, eine fiktive Vollausschüttung der während der Körperschaftsteuerzeit thesaurierten Gewinne, den Wegfall steuerlicher Vortragswerte (Verlustvorträge etc., s.o.) sowie das Risiko der Anschaffungskostenvernichtung.

Soll demgegenüber die fiktive Körperschaft in eine zivilrechtlich anerkannte Kapitalgesellschaft umgewandelt werden, ist dies nach Ablauf der Sperrfrist in der Regel ertragsteuerneutral möglich.

Zeitrahmen

Eine rückwirkende Optionsausübung, wie bei Umwandlungen oder bei der Begründung ertragsteuerlicher Organschaften, ist nach dem derzeitigen Gesetzentwurf ausgeschlossen. Ein Optionsantrag kann daher generell erst für das der Antragstellung folgende Wirtschaftsjahr gestellt werden.

Eine zeitliche Mindestbindung der optierenden Gesellschaft an die Option bis zur Rückoption sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Faktisch gilt jedoch im Falle einer ertragsteuerneutral realisierten Optionsausübung die siebenjährige Sperrfrist.

Die Wirkungen des KöMoG sollen ab dem Veranlagungszeitraum 2022 gelten. Voraussetzung ist eine Zustimmung des Bundesrats, die noch vor der Sommerpause am 25.06.2021 kommen könnte.

Eine Behandlung der optierenden Personengesellschaft als ertragsteuerliche Kapitalgesellschaft im Veranlagungszeitraum 2022 erfordert einen Optionsantrag bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 2021. Die frühestmögliche Rückoption könnte unter Berücksichtigung der siebenjährigen Sperrfrist mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2029 beantragt werden.

Zivilrechtliche Implikationen
Die Optionsausübung hat keine Konsequenzen für die zivilrechtliche Existenz der Gesellschaft als Personengesellschaft.

Im Gegensatz zu einem auch zivilrechtlich wirkenden Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft ist die Option daher wesentlich unkomplizierter und kostengünstiger realisierbar. Auch behält die Personengesellschaft ihre Flexibilität und Einfachheit, bspw. hinsichtlich der Unternehmensorganisation, der Beschlussfassungen und etwaiger gesellschaftsvertraglicher Änderungen.

Mit dem zivilrechtlichen Fortbestand einher geht allerdings auch, dass die Optionsausübung nicht zu einer Änderung der Haftungsverhältnisse bei den Gesellschaftern führt. Unbeschränkt haftende Gesellschafter haften auch weiterhin unbeschränkt.

Trotz fehlender zivilrechtlicher oder gesellschaftsrechtlicher Wirkungen einer Optionsausübung empfiehlt sich vorab eine detaillierte Prüfung des Gesellschaftsvertrags. In den meisten Fällen wird Änderungsbedarf betreffs der Regelungen zu Kapitalkonten, Gewinnverwendung und Entnahmen bestehen, damit der angestrebte Thesaurierungsvorteil zum Tragen kommen kann. Z.B. sehen die Gesellschaftsverträge oftmals eine Gutschrift der Gewinne auf den Darlehenskonten der Gesellschafter vor, was aus steuerlicher Sicht – sofern die Darlehenskonten Fremdkapital darstellen – nichts anderes ist als eine Entnahme oder – im Körperschaftsteuerrecht – eine Gewinnausschüttung. Und genau diese soll ja zwecks Thesaurierung und daraus resultierender günstiger Besteuerung vermieden werden!

Fazit

Die Körperschaftsteueroption für Personengesellschaften ist ein weiterer Baustein für den Bereich der Steuergestaltungen.

Auch wenn die Nutzung des Thesaurierungsvorteils durch schlichte Antragstellung ohne notarielle Beurkundung auf den ersten Blick attraktiv erscheint, ist eine sorgfältige Abwägung im Einzelfall erforderlich, weil mit der Wahlrechtsausübung nicht nur Chancen, sondern auch Risiken verbunden sind.

Im Vergleich zu einem zivilrechtlich wirksamen Formwechsel hätte das Optionsmodell entscheidend an Attraktivität gewinnen können, wenn der Gesetzgeber drei wesentliche Hürden eines Rechtsformwechsels überwunden und eine Fortführung des Sonderbetriebsvermögens, der Verlustvorträge und der nachversteuerungspflichtigen Beträge geregelt hätte.

Was bleibt, ist auf der einen Seite die Chance auf die steuerliche Entlastung im Thesaurierungsfall bei gleichzeitigem Fortbestehen der Personengesellschaft für gesellschaftsrechtliche, zivilrechtliche, erbschaftsteuerliche, grunderwerbsteuerliche und umsatzsteuerliche Zwecke.

Auf der anderen Seite geben die Gesellschafter einer optierenden Gesellschaft die vielfältigen Umstrukturierungs- und Übertragungsmöglichkeiten auf, die allein Personengesellschaften vorbehalten sind.

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