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Das Besteuerungskonzept für ertragsteuerliche Organschaften wird einfacher – und in Einzelfällen teurer!

Veröffentlicht: 5. November 2021

Die vielfältigen ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit den besonderen organschaftlichen Ausgleichsposten für Minder- und Mehrabführungen veranlasste den Gesetzgeber, als Alternativkonzept die Einlagelösung umzusetzen. Ab 2022 werden die bei einem Organträger gebildeten Ausgleichsposten in den Beteiligungsbuchwert für die Organgesellschaft integriert. Was zunächst unkritisch erscheint, kann im Falle passiver Ausgleichsposten eine unmittelbare Steuerbelastung bedeuten.

Grundsätze der ertragsteuerlichen Organschaft

Der wirksame Abschluss eines die besonderen steuerlichen Voraussetzungen erfüllenden Ergebnisabführungsvertrags zwischen einer Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) und ihrem gewerblich tätigen Gesellschafter (Organträger) bewirkt eine steuerliche Ergebniskonsolidierung. Dies kann insbesondere im Verlustfall und in geringerem Umfang auch im Gewinnfall die Konzernsteuerquote deutlich senken.

Zunächst ermittelt jede organschaftlich verbundene Gesellschaft ihr Einkommen separat.

Der Organträger prüft die Ergebnisabführung im nächsten Schritt dahingehend, ob es sich um Gewinne oder Verluste aus vororganschaftlicher Zeit handelt. Diese sind wie Gewinnausschüttungen bzw. Einlagen zu behandeln. Wenn es sich um Ergebnisse aus organschaftlicher Zeit handelt, werden diese mit dem eigenen Einkommen des Organträgers bzw. den Erfolgen weiterer Organgesellschaften konsolidiert. Verluste von Organgesellschaften mindern dann das steuerpflichtige Ergebnis der Organträgerin und damit die Konzernsteuerquote.

Bisherige Rechtslage: Ausgleichspostenmethode

Ergebnisunterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz der Organgesellschaft bewirken sog. Minder- bzw. Mehrabführungen. Hierfür wurden bisher beim Organträger besondere Ausgleichsposten gebildet, um in der Totalperiode einer Doppel- oder Nichtbesteuerung entgegenzuwirken.

Ist die dem handelsbilanziellen Ergebnis der Organgesellschaft entsprechende tatsächliche Gewinnabführung niedriger als der Steuerbilanzgewinn (Minderabführung), bildet der Organträger einen Ausgleichsposten auf der Aktivseite seiner Steuerbilanz. Im – selteneren – umgekehrten Fall eines höheren handelsbilanziellen Ergebnisses (Mehrabführung), entsteht ein passiver Ausgleichsposten. Kehren sich die Bilanzabweichungen bei der Organgesellschaft in der Folgezeit um, lösen sich die Ausgleichsposten korrespondierend wieder auf. Andernfalls folgt der Umkehreffekt spätestens mit der Veräußerung der Organgesellschaft.

Sowohl die Rechtsnatur dieser Ausgleichsposten als auch der Umgang mit ihnen in Fällen der Beendigung der Organschaft, der Veräußerung oder der Umstrukturierung war immer strittig.

Neue Rechtslage: Einlagemodell

Aus diesem Grund ersetzt das KöMoG nun die sog. Ausgleichspostenmethode durch ein Einlagemodell.

Dieses sieht bei organschaftlichen Minder- und Mehrabführungen eine unmittelbare Erhöhung bzw. Verminderung des Beteiligungsbuchwerts für die Anteile an der Organgesellschaft in der Steuerbilanz des Organträgers vor.

Minderabführungen wirken, unabhängig davon, ob sie organschaftlicher oder vororganschaftlicher Zeit verursacht liegen, wie Einlagen des Organträgers in das Eigenkapital der Organgesellschaft. Organschaftliche Mehrabführungen gelten als Substanzauskehr und führen, sollten sie den Beteiligungsbuchwert übersteigen, wohl zu einer Veräußerungsgewinnbesteuerung.

Letzteres ist ein wesentlicher Unterschied zu der bisherigen Ausgleichspostenmethode, bei der tatsächlich abgeführte Gewinne unter Umständen langfristig steuerlich unbelastet blieben. Gezielt ist dieser Effekt beispielsweise in Umwandlungsfällen genutzt worden, indem eine Verschmelzung handelsbilanziell zu Verkehrs- und steuerlich zu Buchwerten abgebildet wurde.

Der Übergang von der Ausgleichsposten- zur Einlagemethode sieht nun vor, dass zum Ende des Wirtschaftsjahres 2022 die Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organträgers in den Beteiligungsbuchwert für die Anteile an der Organgesellschaft zu integrieren sind. Übersteigt ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus einem aktiven Ausgleichsposten und dem Beteiligungsbuchwert, kommt es insoweit zu einer fiktiven Veräußerungsgewinnbesteuerung.

Fazit

Betroffene Organschaftsstrukturen mit kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr haben noch bis zum 31.12.2022 Zeit für Gestaltungsmaßnahmen. Hierbei stellen sich insbesondere folgende Fragen:

  1. Sind die bisher bilanzierten Ausgleichsposten dem Grunde und der Höhe nach korrekt ermittelt?
  2. Übersteigen die passiven Ausgleichsposten die Aktivbeträge (pro Organgesellschaft)?
  3. Ist der sich eventuell ergebende steuerpflichtige Veräußerungsgewinn so wesentlich, dass proaktive Maßnahmen lohnend scheinen?


Wenn Sie Zweifel hinsichtlich der Ermittlung der Ausgleichposten haben oder die letzte Frage mit „Ja“ beantworten, sprechen Sie uns gern an!

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