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Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 1. Dezember 2022: Umsatzsteuerliche Organschaft prinzipiell mit EU-Recht vereinbar

Veröffentlicht: 15. Dezember 2022

Die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs prägt zunehmend das deutsche Umsatzsteuerrecht. Im Fokus der Entscheidungen des EuGHs stehen nun erneut die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft.

In beiden Verfahren stellt sich die Frage, ob es einem Mitgliedsstaat gestattet ist, den Organträger als Steuerpflichtigen des Organkreises zu bestimmen oder, ob alternativ der Organkreis – die Mehrwertsteuergruppe – der Steuerpflichtige sein muss. Würde der EuGH zu dem Ergebnis kommen, dass die Mehrwertsteuergruppe der Steuerpflichtige ist, müsste die deutsche Regelung als unionsrechtswidrig eingestuft werden.

In seinen Entscheidungen urteilt der EuGH einheitlich, dass die Bestimmung des Organträgers als Steuerpflichtigen nicht dem Unionsrecht entgegensteht und bestätigt insoweit die deutsche Regelung. Dabei hebt der EuGH hervor, dass der Organträger seinen Willen bei den anderen Mitgliedern des Organkreises durchsetzen können muss.

Die Beantwortung der weiteren Vorlagenfragen zur finanziellen Eingliederung und zur Selbständigkeit der Organgesellschaften wirft jedoch Fragen auf. Eine Antwort auf die Frage, ob die deutsche Regelung zum Erfordernis der Stimmrechtsmehrheit unionsrechtskonform ist, kann dem Urteil nicht ohne weitere Auslegung entnommen werden. Die Anforderung der Mehrheitsbeteiligung und zusätzlich der Stimmrechtsmehrheit scheint nach der Auffassung des EuGHs zumindest nicht mit dem Unionsrecht vereinbar zu sein. Dies entspricht jedoch auch nicht den Anforderungen laut deutschem Umsatzsteuerrecht, nach dem ausschließlich die Stimmrechtsmehrheit entscheidend ist.

Die Aussagen zur Selbständigkeit der Organgesellschaften sind voraussichtlich nicht im Hinblick auf die Frage der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft zu sehen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Organgesellschaften selbstverständlich weiterhin selbständig im Wirtschaftsleben auftreten.

Die Frage zur Steuerbarkeit von Innenumsätzen, welche von der Generalanwältin Medina in einem ihrer Schlussanträge aufgeworfen wurde, bleibt vom EuGH letztlich unbeantwortet. Dadurch bleibt offen, ob Innenleistungen im Organkreis - wie bisher - nicht steuerbare Umsätze darstellen.

Fazit

Der EuGH bestätigt im Ergebnis die deutsche Regelung zur umsatzsteuerlichen Organschaft, wobei die Urteile durchaus einige Fragen aufwerfen.

Es gilt nun abzuwarten, wie die beiden BFH-Senate die Urteile umsetzen und, welche Schlussfolgerungen die Finanzverwaltung aus den Urteilen ziehen wird. Insbesondere bei der Beurteilung der Steuerbarkeit von Innenumsätzen wird abzuwarten sein, wie der BFH in Folgeurteilen diese Thematik einschätzt.

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