Umsatzsteuerrechtliche Einordnung des E-Charging
Veröffentlicht: 27. Mai 2025
aus
Steuern & Wirtschaft aktuell 2-2025
Von:
Alexander Enns,
Cedric Nielbock
Der Europäische Gerichtshof entschied am 17.10.2024 erneut über die umsatzsteuerliche Einordnung von E-Mobility-Modellen. Dabei ging es um den Fall eines E-Mobility-Providers (Dienstleister), der seinen Kunden Zugang zu einem Netz von Ladepunkten vermittelte und neben der eigentlichen Stromlieferung zusätzliche digitale Services wie Routenplanung, Echtzeitinformationen, Standortsuche etc. anbot. Das besondere Augenmerk lag auf der Konstellation eines Drei-Personen-Verhältnisses zwischen Ladesäulenbetreiber, Dienstleister und Nutzer, in dem sich die Frage stellte, ob umsatzsteuerlich eine Lieferkette anzunehmen sei.
Beim Aufladen von Elektrofahrzeugen an Ladesäulen sind häufig mehrere Parteien involviert – zum einen die Betreiber der Ladesäulen, zum anderen spezialisierte Dienstleister und die Nutzer selbst. Diese sog. Drei-Personen-Verhältnisse werfen komplexe Fragen auf, z. B. wer den Strom liefert und wie die Abrechnung umsatzsteuerlich zu behandeln ist.
Der Europäische Gerichtshof bestätigte am 17.10.2024, dass es sich beim Ladevorgang um die Lieferung eines körperlichen Gegenstands in Form von Elektrizität handelt. Maßgeblich ist, dass der Nutzer durch den Ladevorgang tatsächlich über die Elektrizität verfügen kann. Zusätzliche Dienstleistungen wie Navigation oder Preisvergleich ändern an der Lieferqualität der Hauptleistung nichts, sofern sie unselbstständige Nebenleistungen darstellen.
Des Weiteren nahm der Europäische Gerichtshof Stellung zur umsatzsteuerlichen Behandlung im Drei-
Personen-Verhältnis. Entscheidend ist, dass auch zwischen dem Dienstleister und dem Endnutzer eine Lieferung vorliegt. Der Umstand, dass nur der Endnutzer über Menge, Zeitpunkt und Ort der Aufladung sowie Art der Verwendung bestimmt, steht dem nicht entgegen. Die Verfügungsmacht wird durch die Nutzbarkeit des Ladepunktes durch die App/Karte des Dienstleisters vermittelt.
Hieraus ergeben sich nachstehende Folgen für die Praxis:
- Grundsätzlich gelten E-Mobility-Dienstleister als Wiederverkäufer von Elektrizität mit allen damit verbundenen umsatzsteuerlichen Pflichten.
- Es ist eine Lieferkette bzw. ein Kommissionsgeschäft anzunehmen, auch wenn der Endnutzer über die Kontrolle von Ort, Zeit und Menge der Aufladung verfügt.
- Für zusätzliche Dienstleistungen (Apps, Navigation, Abrechnungstools etc.) ist im Einzelfall zu prüfen, ob unselbstständige Nebenleistungen zur Stromlieferung oder eigenständige Leistungen vorliegen.
- Im Falle von eigenständigen Leistungen sind ggf. die Reverse-Charge-Regeln und spezielle umsatzsteuerliche Vorschriften über den Leistungsort zu beachten.
HINWEIS
Offengelassen wurde vom Europäischen Gerichtshof, ob E-Charging-Umsätze für Zwecke der Umsatzsteuer zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfassen und ob eine einheitliche Leistung als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung einzustufen ist.
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