Überlassung gefährlicher Abfälle zur Entsorgung kein tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe
Veröffentlicht: 10. Dezember 2024
aus
Rundschreiben Umsatzsteuer 2-2024
Von:
Karin Korte
Übernimmt ein Unternehmer gefährlichen Abfall zum ausschließlichen Zweck der gesetzlich angeordneten Entsorgung nach einem in Anlage 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes genannten Verwertungsverfahren zur Rückgewinnung/Regenerierung von Abfällen, liegt lediglich eine vom Unternehmer erbrachte Entsorgungsdienstleistung vor. Die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes kommt mangels Lieferung des gefährlichen Abfalls an den Unternehmer nicht in Betracht.
Der Kläger war ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb, der seinen Kunden verunreinigte Chemikalien zum Zwecke der Entsorgung nach dem in Anlage 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes aufgeführten Verwertungsverfahren abnahm. Streitjahr war 2018. Der Entsorgungsfachbetrieb bewahrte die verunreinigten Chemikalien auf, um diese Stoffe später wiederaufzubereiten. Die gereinigten Chemikalien verkaufte der Kläger als „Regenerat“, sofern eine marktgängige Qualität nachgewiesen werden konnte. Falls dies nicht der Fall war, musste der Kläger die weiterhin verunreinigten Chemikalien auf eigene Kosten thermisch entsorgen lassen.
Durch den Weiterverkauf der Regenerate nahm das Finanzamt in der Entsorgung der verunreinigten Chemikalien einen tauschähnlichen Umsatz an. Demnach erhöhe der Wert der verunreinigten Chemikalien die Bemessungsgrundlage für die erbrachte Entsorgungsleistung. Das Finanzgericht München schloss sich im Ergebnis der Auffassung des Finanzamtes an und wies die Klage ab. Der Entsorgungsfachbetrieb ging in Revision.
Der Bundesfinanzhof hielt die Revision für begründet und führte aus, dass es sich um einen Tausch oder tauschähnlichen Umsatz handelt, wenn sich zwei entgeltliche Leistungen gegenüberstehen, die lediglich durch eine Modalität der Entgeltvereinbarung miteinander verknüpft sind. Laut Bundesfinanzhof fehlt es aber an einer Lieferung des Kunden an den Entsorgungsfachbetrieb. Die Übergabe der verunreinigten Chemikalien an den Kläger erfolgte allein zum Zweck der Entsorgung. Die gefährlichen Abfälle konnten in den Betrieben der Kunden nicht mehr genutzt werden. Es bestand zudem eine Verpflichtung zur Entsorgung. Bei den gelieferten gefährlichen Abfällen habe es sich um nicht marktfähige Handelsware gehandelt. Unbeachtlich ist es, dass der Kläger den Abfällen bei der Bemessung der Kosten für die Entsorgung einen Wert beigemessen hat. Durch die Reinigung der Chemikalien entsteht ein neu verkäufliches Wirtschaftsgut, das allein durch den Kläger aufgrund eines eigenen wirtschaftlichen Risikos entstanden ist. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass Lieferungen der gereinigten Chemikalien zwischen den Kunden und dem Kläger erfolgt sind. Der Kläger erbringt deshalb im Ergebnis eine reine Entsorgungsleistung. Eine Erhöhung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für die Entsorgungsleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes liegt in diesem Fall nicht vor.
Hiervon abzugrenzen ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10.1.2019, nach dem Metallschrott und Mobiliar – beide hier unmittelbar verwertbar – jeweils als Gegenleistung für eine Entsorgungsleistung anzusehen waren.
FAZIT
Ob ein tauschähnlicher Umsatz vorliegt, der als Folge die Bemessungsgrundlage für die Entsorgungsleistung erhöht, hängt im Wesentlichen davon ab, ob dem zu entsorgenden Wirtschaftsgut eine eigene Marktgängigkeit zugeschrieben werden kann oder nicht. Wird eine (neue) Marktgängigkeit der Wirtschaftsgüter durch eigene Leistungen und aufgrund eines eigenen Risikos des Entsorgungsfachbetriebs erreicht, liegt kein tauschähnlicher Umsatz vor.
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