Behandlung von Umsätzen aus Online-Seminaren
Veröffentlicht: 27. August 2024
aus
Steuern & Wirtschaft aktuell 3-2024
Von:
Jonas Lükewille
Das Bundesfinanzministerium hat am 29.4.2024 umfassende Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Umsätzen aus Online-Seminaren an Privatpersonen veröffentlicht. Für alle Anbieter von Online-Seminaren haben die bereits ab dem 1.7.2024 anwendbaren Regelungen wesentliche Bedeutung und sollten daher kurzfristig umgesetzt werden.
Das Bundesfinanzministerium hat sich am 29.4.2024 zu Umsätzen aus Online-Seminaren an Privatpersonen geäußert. Dabei wird insbesondere auf Angebote im Bereich der Kunst und Kultur abgestellt. Anwendbar sind die Regelungen jedoch auch für andere Online-Dienstleistungsangebote, beispielsweise im Bildungs- und Gesundheitsbereich. Anbieter von Online-Leistungen an Privatpersonen müssen die neuen Regelungen ab dem 1.7.2024 beachten.
Das Bundesfinanzministerium unterscheidet zwischen folgenden Online-Leistungen:
- Vorproduzierte Inhalte: Bei digitalen Aufzeichnungen von Veranstaltungen, die von Privatpersonen jederzeit abgerufen werden können, handelt es sich um auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen. Werden diese Inhalte verbreitet und weiterverarbeitet und zeitgleich durch einen Rundfunk- bzw. Fernsehsender übertragen, handelt es sich um Rundfunk- oder Fernsehdienstleistungen. Diese werden am Wohnsitz des Leistungsempfängers erbracht. Liegt dieser in Deutschland, scheiden Steuerbefreiungen für bestimmte kulturelle Leistungen sowie die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus.
- Livestreams: Bei Livestreams von Veranstaltungen, die parallel zu oder anstelle von Vor-Ort-Veranstaltungen stattfinden, handelt es sich um sonstige Veranstaltungsdienstleistungen. Der Leistungsort ist gemäß den Ausführungen des Bundesfinanzministeriums ebenfalls der Wohnsitz des Leistungsempfängers, obwohl man bisher davon ausging, dass in diesen Fällen der Leistungsort dort liegt, wo der Vortragende gefilmt wird („Übertragungsortprinzip“). Steuerbefreiungen sind anwendbar, wenn die Veranstaltung von einer begünstigten Einrichtung durchgeführt wird, ansonsten kann eine Steuersatzermäßigung greifen. Wichtig zu beachten ist, dass diese geänderte Rechtsauffassung bereits im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 vom 5.6.2024 enthalten ist und daher die Verwaltungsauffassung die künftige gesetzliche Regelung vorwegnimmt.
Sind beide Angebotsarten untrennbar in einem Angebot verbunden, handelt es sich um eine einheitliche Leistung, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt. Wird also zu einem möglicherweise steuerbefreiten Livestream eine kostenlose Aufzeichnung nachträglich bereitgestellt, infiziert dies den ursprünglich steuerbefreiten Livestream. Bei Trennungsmöglichkeit, etwa durch separates Entgelt für den späteren Abruf, liegen zwei selbstständige Leistungen vor, die gemäß vorherigen Erläuterungen getrennt beurteilt werden.
Da der Leistungsort regelmäßig dort liegt, wo der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz hat, kann es zu umsatzsteuerlichen Registrierungspflichten im Ausland kommen. Liegt der Leistungsort in einem anderen europäischen Mitgliedstaat, können Steuerpflichtige das One-Stop-Shop-Verfahren zur vereinfachten Meldung nutzen. Die gesetzlichen Fristen zur Beantragung dieses Verfahrens beim Bundeszentralamt für Steuern sind zu beachten.
BEACHTE
Beim Erbringen von Online-Seminaren ist eine klare Abgrenzung von Aufzeichnungen und (interaktiven) Livestream-Angeboten unerlässlich, um die korrekte umsatzsteuerliche Behandlung zu gewährleisten. Bei Leistungen an ausländische Privatpersonen ist zu beachten, dass seit dem 1.7.2024 eine geänderte Rechtsauffassung gilt und ggf. steuerliche Registrierungspflichten im Ausland bestehen. Alternativ kann das One-Stop-Shop-Verfahren beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt werden.
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