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Unrichtige Rechtsbehelfs­belehrung – Ein möglicher „Rettungsanker“

Veröffentlicht: 14. August 2020

Steuerverwaltungsakte und Steuerbescheide im Besonderen erwachsen nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist in die sog. formelle Bestandskraft. Dies hat zur Folge, dass sie für den Steuerpflichtigen nicht mehr angreifbar (änderbar) sind. Die Bestandskraft dient der Rechtssicherheit und hat Vorrang vor der materiellen Richtigkeit. Regelmäßig tritt die Bestandskraft nach Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerverwaltungsakts ein. Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 28.04.2020 (VI R 41/17) entscheiden, dass bei einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung (entgegen dem Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung) die Einspruchsfrist ein Jahr (und nicht ein Monat) betrage. Es empfiehlt sich daher, die Steuerverwaltungsakte in Gänze zu prüfen.

Der Bundesfinanzhof entschied mit Urteil vom 28.04.2020, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung, die entgegen dem Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) nicht auf die Möglichkeit der elektronischen Einreichung des Einspruchs hinweist, unrichtig im Sinne des § 356 Abs. 2 AO ist. In diesen Fällen verlängert sich die Einspruchsfrist von einem Monat auf ein Jahr.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Rechtsbehelfsbelehrung dann unrichtig, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch - bei objektiver Betrachtung - die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint. Eine Belehrung, die hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs nur den (unvollständigen) Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergebe, sei hingegen noch vollständig und richtig.

Seit der Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (durch Gesetz vom 25.07.2013 zum 1.08.2013) muss die Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung enthalten. Fehlt ein solcher Hinweis in einem Steuerbescheid nach dem 1.08.2013, verlängert sich die Einspruchsfrist auf ein Jahr.

Fazit:

Immer wieder kommt es vor, dass der Finanzverwaltung formelle Fehler beim Erlass von Steuerverwaltungsakten (Steuerbescheide) unterlaufen. Bei der Prüfung, ob ein Steuerbescheid formell bestandskräftig ist, ist der steuerliche Berater sowie der Steuerpflichtige daher gut beraten, den gesamten Steuerbescheid zu prüfen. Nicht selten ergeben sich hierdurch Möglichkeiten, einen auf dem ersten Blick formell bestandskräftigen Steuerbescheid noch mit dem Einspruch anzugreifen.

Hinweis: Bei mündlichen Verwaltungsakten beträgt die Einspruchsfrist immer einen Monat.

Wir beraten Sie gerne!

  • Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht Christian Hahn

    Christian Hahn, LL.M.

    Steuerberater, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht

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