Neues Kaufrecht ab dem 1.1.2022
Veröffentlicht: 9. März 2022 aus Steuern & Wirschaft aktuell
Zum 1.1.2022 wurde das Schuldrecht umfassend modernisiert und „digitaler“ gemacht. Die weitreichendsten Änderungen betreffen das B2C-Geschäft. Es gibt aber auch viele Auswirkungen auf das B2B-Geschäft. Die Änderungen verursachen einen erheblicher Handlungs- bzw. Überprüfungsbedarf.
Der Gesetzgeber regelt erstmals Verträge für digitale Produkte und Produkte mit digitalen Inhalten. Im Fokus stehen Regeln über Verbraucherverträge, die Waren mit digitalen Inhalten betreffen. Diese sind immer dann anzuwenden, wenn die digitalen Inhalte entscheidend für die Funktionsfähigkeit der Waren sind (z.B. das Streamen oder Downloaden von Online-Videos, Filmen, E-Books, Spielen, Musik oder auch deren Bereitstellung über DVDs oder USB-Sticks). Im Fokus steht hierbei vor allem die über den Vertragsschluss hinausgehende Updatepflicht („Aktualisierungspflicht“). Diese verpflichtet den Unternehmer, für einen bestimmten Zeitraum den technischen Support für das Produkt anzubieten. Der hierfür maßgebliche Zeitraum kann durchaus mehrere Jahre betragen. Zwar geht es zulasten des Verbrauchers, wenn er die Aktualisierung unterlässt, der Unternehmer muss ihn aber auch zuvor über mögliche Folgen aufgeklärt haben. Insoweit werden die Pflichten von Verkäufern massiv ausgeweitert.
Im Zentrum der Reform steht daneben der (kaufrechtliche) Mangelbegriff. Anhand des Mangelbegriffs entscheidet sich auch im B2B-Bereich, ob dem Kunden Gewährleistungsrechte zustehen, z.B. um die Lieferung eines mangelfreien Produkts durchzusetzen. Der Gesetzgeber weitet den Mangelbegriff nun nicht nur auf digitale Produkte und das mitzuliefernde Zubehör, sondern zumindest gegenüber Verbrauchern auch inhaltlich aus. Anders als bisher reicht es für die Mangelfreiheit nicht mehr aus, dass die Sache einer von den Vertragsparteien vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Sie muss jetzt vielmehr auch den objektiven (branchenüblichen) Anforderungen und den Montageanforderungen genügen. Eine Sache kann folglich auch mangelhaft sein, wenn sie die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist.
Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang noch, wie weit Gewährleistungsrechte nach dem neuen Kaufrecht reichen, z.B. mit Blick auf bei der Auslieferung noch unentdeckter Software-Sicherheitslücken, oder ob nur eine Pflicht des Unternehmers zur Aktualisierung der Software besteht. Gewährleistungsverpflichtungen über Softwareaktualisierungen hinaus könnten zu einem erheblichen Mehraufwand für den technischen Support des Verkäufers sorgen.
Darüber hinaus wurden Gewährleistungsfristen beim Verbrauchsgüterkauf verlängert. Tritt innerhalb eines Jahres ab Übergabe der Sache ein Mangel auf, wird zugunsten des Verbrauchers vermutet, dass dieser von Anfang an vorlag. Vor der Reform waren dies nur sechs Monate. Wenn ein Mangel innerhalb der regulären Gewährleistungsfrist erkannt wird, tritt die Verjährung erst vier Monate nach diesem Zeitpunkt ein. Zeigt sich z.B. der Mangel erst im 22. Monat nach dem Kauf, kann der Verbraucher seine Ansprüche noch bis zum 26. Monat nach Lieferung geltend machen.
Unternehmen sollten zeitnah die von Ihnen verwendeten Verkaufsverträge überprüfen. Dies gilt insb. hinsichtlich aller Waren, die von den objektiven Anforderungen an ein Produkt abweichen könnten, wie beispielsweise Ausstellungsstücke oder B-Ware. Ebenfalls sollte überprüft werden, inwiefern bei bestimmten Produkten, zum Beispiel im Bereich Smart-Home, eine Updatepflicht nötig und umsetzbar ist und ob ganz allgemein die Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch dem neuen Recht entsprechen oder wo sie anzupassen sind. Auch sollte man sich mit Geschäftspartnern über die neuen Pflichten abstimmen und die Mitarbeiter, die mit Verkauf und Gewährleistung betraut sind, bezüglich der Neuregelungen schulen.
Hinweis
Nach der umfassenden Überarbeitung des Schuldrechts durch den Gesetzgeber empfiehlt sich eine Überarbeitung der eigenen Vertragswerke einschließlich der verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
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