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Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Gesellschaftsrecht verabschiedet

Veröffentlicht: 27. März 2020

Über das Soforthilfeprogramm für Kleinstunternehmen, Solo-Selbständige und Freiberufler sowie den Wirtschaftsstabilisierungsfonds hatten wir bereits gesondert berichtet. Dieser Artikel befasst sich mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Gesellschaftsrecht.

I. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht


  1. Voraussetzungen der Aussetzung

    Das Gesetz sieht eine Aussetzung der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages bis zum 30. September 2020 (im Folgenden auch: Aussetzungszeitraum) vor. Auf die Aussetzung kann sich ein zum Antrag verpflichteter Geschäftsführer nicht berufen, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des Covid-19-Pandemie beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

    Zugunsten der Unternehmen wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen, wenn der Insolvenzschuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war.


  2. Flankierende Maßnahmen

    Neben der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht werden auch zugunsten der Insolvenzschuldner die sogenannten Zahlungsverbote modifiziert. Dies bedeutet, dass Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes und der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sein sollen.

    Ebenso wird fingiert, dass die Rückzahlung eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredites sowie die Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite nicht als gläubigerbenachteiligend gelten. Dies bedeutet, dass diese Zahlungen in einer etwaigen späteren Insolvenz nicht angefochten werden können.

    Zusätzlich werden auch Finanzierungsbeiträge von Gesellschaftern privilegiert. Eigentlich sind Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz nachrangig zu behandeln. Für Gesellschafterdarlehen, die im Aussetzungszeitraum bis 30. September 2020 gewährt wurden und bei denen die Rückzahlungen bis zum 30. September 2023 erfolgen, sind die Regelungen zur Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen nicht anwendbar.

    Für Finanzierungen und Besicherungen durch die KfW und vergleichbare Förderbanken im Rahmen der staatlichen Hilfsprogramme gelten nochmals gesondert Privilegierungen.

    Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird das Recht der Gläubiger, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen, eingeschränkt. Gläubiger können nur dann einen Antrag stellen, wenn der Insolvenzgrund bereits am 1. März 2020 vorlag.

    Die vorgenannten Änderungen gelten zunächst bis zum 30. September 2020. Es besteht jedoch eine Möglichkeit der Verlängerung der Maßnahmen durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz bis zum 31. März 2021.

II. Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen

Aufgrund der vorgenommenen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung der Covid-19-Pandemie bestehen Einschränkungen für die Möglichkeit zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen. Um hier die Handlungsfähigkeit von Unternehmen verschiedener Rechtsformen nicht zu gefährden, sieht das Gesetz Maßnahmen vor, wie Gesellschafterversammlungen vereinfacht abgehalten werden können. Bei Hauptversammlung von Aktiengesellschaften, KGaAs, SEs und Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit können auch ohne entsprechende Ermächtigung in der Satzung Online-Hauptversammlungen stattfinden. Die Frist zur Durchführung der ordentlichen Hauptversammlungen wird auf 12 Monate verlängert. Die Einberufungsfrist wird verkürzt.

In Gesellschafterversammlungen von GmbHs können Beschlüsse auch dann schriftlich oder in Textform gefasst werden, wenn nicht sämtliche Gesellschafter mit diesem Verfahren einverstanden sind. Entsprechende Erleichterungen werden auch für Genossenschaften, Vereine und Stiftung eingeführt.

Die vorgenannten Regelungen sind zunächst auf das Jahr 2020 beschränkt.

III. Kündigungsschutz von Mieterinnen und Mietern

Für Wohn- und Gewerberaummietverträge soll das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt werden. Konkret soll der Vermieter wegen Mietschulden aus dem Zeitraum zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 das Mietverhältnis nicht kündigen dürfen, sofern die Mietschulden glaubhaft auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhen. Es verbleibt jedoch bei der grundsätzlichen Verpflichtung des Mieters zur fristgerechten Zahlung der Miete. Die vorgenannten Regelungen gelten auch für Pachtverhältnisse. Zeitlich sind die Maßnahmen bis zum 30. Juni 2020 beschränkt.

IV. Allgemeines Moratorium für Verbraucher und Kleinstunternehmen

Zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Kleinstunternehmen wird vorübergehend bis zum 30.6.2020 für bedeutsame Dauerschuldverhältnisse die Möglichkeit zur Leistungsverweigerung geschaffen, soweit sie ihre Leistungspflichten wegen der Folgen der COVID-19-Pandemie derzeit nicht erfüllen können. Damit soll gewährleistet werden, dass die Betroffenen insbesondere von Leistungen der Grundversorgung wie Strom oder Telekommunikation nicht abgeschnitten werden, weil sie ihren Zahlungspflichten krisenbedingt nicht nachkommen können.

Fazit

Nach Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt treten die Maßnahmen - teilweise rückwirkend - in Kraft. So gelten die Vorschriften zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bereits mit Wirkung zum 1. März 2020.

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