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Einführung einer steuer- und sozialversicherungsfreien Inflationsausgleichsprämie

Veröffentlicht: 15. November 2022

Schaffung einer weiteren Möglichkeit für Arbeitgeber, ihren Mitarbeitern steuer- und sozialversicherungsfrei eine zusätzliche Zahlung zukommen zu lassen.

Zur Abmilderung der weltweit steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise hat der deutsche Gesetzgeber mit § 3 Nr. 11 c EStG die Möglichkeit geschaffen, Arbeitnehmern unabhängig von der Branche eine steuer- und sozialversicherungsfreie Zahlung in Höhe von bis zu EUR 3.000,00 zukommen zu lassen. Die neue Begünstigungsvorschrift findet im Zeitraum vom 26.10.2022 (Tag nach der Verkündigung des Gesetzes) bis einschließlich 31.12.2024 Anwendung. In diesem Zeitraum darf der Höchstbetrag je Beschäftigungsverhältnis einmal genutzt werden, wobei er sowohl als Geldbetrag als auch in Form von Sachleistungen erbracht werden kann. Da der Höchstbetrag je Beschäftigungsverhältnis gilt, spricht Vieles dafür, dass ein Arbeitnehmer mit verschiedenen Arbeitsverhältnissen die Prämie vom jeweiligen Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungsfrei erhalten darf, also mehrfach in den Genuss der Vergünstigung kommen kann. Eine eindeutige diesbezügliche Klärung muss aber noch durch den seitens der Finanzverwaltung geplanten FAQ-Katalog zu § 3 Nr. 11c EStG erfolgen.

Für die Anwendung der Regelung ist ein Beschäftigungsverhältnis Voraussetzung. Damit fallen auch kurzfristig beschäftigte oder geringfügig entlohnte Mitarbeiter sowie kurzfristig, im Inland ausgeübte Tätigkeiten beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der neuen Regelung. Für Bezieher von Leistungen nach SGB II ist durch ausdrückliche gesetzliche Regelung festgelegt, dass die Inflationsprämie nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Damit soll die steuerliche Privilegierung auch im SGB II nachvollzogen werden. Für Gesellschafter-Geschäftsführer ist nach den üblichen Grundsätzen zu beurteilen, ob es sich bei der Prämie um Arbeitslohn (dann steuerfrei) oder um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt. Voraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslohn ist ein überzeugender betrieblicher Grund. Dieses dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn alle Arbeitnehmer dieselbe Inflationsprämie erhalten oder ggfs. eine Abstufung nach Gehaltsgruppen vorgenommen wird.

Wesentliche Voraussetzung der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Inflationsausgleichsprämie ist, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt. Wann eine Leistung zusätzlich erfolgt, ist anhand der Regelungen des § 8 Abs. 4 EStG zu prüfen. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, auf eine bislang freiwillig gewährte, aber aufgrund fehlender gesonderter Befreiungsregelung steuer- und sozialversicherungspflichtige Zahlung zu verzichten und statt dieser Zahlung die neue Prämie zu leisten. Beispielsweise würde dieses für ein bislang freiwillig gezahltes Weihnachtsgeld gelten. Wichtig ist hierbei, dass stets nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu überprüfen ist, ob es sich bei der bisherigen Leistung tatsächlich um eine freiwillige Arbeitgeberleistung handelt. Ob z.B. aufgelaufene Überstunden, auf die aber kein Auszahlungsanspruch besteht, mit der Inflationsprämie abgegolten werden können ist noch ungeklärt. Bzgl. der Corona-Prämie war das ausdrücklich in dem entsprechenden FAQ-Katalog so geregelt.

Wie auch bei der Corona-Prämie enthält der Gesetzestext eine Zweckbestimmung für den Grund der Begünstigung, nämlich „zur Abmilderung gestiegener Verbraucherpreise“. Eine exakte Verknüpfung der Leistung zu konkreten Kriterien ist nicht vorgesehen. In der Gehaltsabrechnung / im Lohnkonto sollte aber ausdrücklich auf den gesetzlichen Zweck Bezug genommen werden. Vereinfachend kann die Leistung z.B. mit „Inflationsausgleichsprämie“ bezeichnet werden. Aufgrund des sehr unterschiedlichen Anwendungszwecks erscheint es aktuell höchst unwahrscheinlich, dass die Inflationsprämie auf andere steuerfreie Prämien angerechnet wird. Dieses gilt z.B. für die Corona-Prämien in Pflegeberufen gemäß der §§ 3 Nr. 11b EStG.

Es wird sicherlich in den nächsten Wochen noch Diskussionen zu einzelnen Fragen bzgl. der Anwendung der Regelung des § 3 Nr. 11c EStG geben, wie z.B.:

  • Handelt es sich bei dem Betrag von EUR 3.000,00 um einen Freibetrag oder eine Freigrenze?
    Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass es sich um einen Freibetrag handelt. Diesbezüglich muss aber noch eine klare Aussage seitens der Verwaltung kommen. Arbeitgeber sollten daher geplante Zahlungen zunächst auf diesen Höchstbetrag begrenzen. Auch eine Aufteilung des Betrages auf mehrere Veranlagungszeiträume soll grundsätzlich möglich sein. Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass in dem seitens der Finanzverwaltung geplanten FAQ-Katalog eine entsprechend eindeutige Aussage enthalten sein wird, da sich vergleichbare Antworten in dem FAQ-Katalog zur Corona-Prämie gemäß § 3 Nr. 11a EStG finden. Damit würde es auch bei einer jahresübergreifenden Zahlung bei der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit, aber eben auch bei dem Höchstbetrag von insgesamt EUR 3.000,00 für den gesamten Begünstigungszeitraum bleiben.
     
  • Welcher Zuflusszeitpunkt ist zwingend zu beachten?
    Auf Basis der bislang geführten Diskussionen zu der neuen Regelung wird die Begünstigung voraussichtlich eng an den tatsächlichen Zeitpunkt des Zuflusses gebunden sein. Zufluss bedeutet, dass der Arbeitnehmer wirtschaftlich über die Einnahme verfügen können muss. Daraus ließe sich ableiten, dass der Zeitpunkt der Zusage der Prämie für die steuerliche Behandlung irrelevant sein sollte. Somit müsste auch eine bereits Anfang Oktober 2022 zugesagte, aber erst ab dem 26.10.2022 tatsächlich zugeflossene Zahlung steuer- und sozialversicherungsfrei sein. Umgekehrt muss dann aber auch für Inflationsprämien, die am Ende des Begünstigungszeitraums zugesagt werden, sichergestellt sein, dass der Zufluss spätestens bis zum 31.12.2024 erfolgt. Bei Prämien, die mit der Dezemberabrechnung 2024 zur Auszahlung kommen sollen, muss somit darauf geachtet werden, dass der Zufluss auf jeden Fall noch im Dezember 2024 erfolgt. Sollte aufgrund der Feiertage ein Risiko bestehen, dass die Prämie erst im Januar 2025 als zugeflossen gilt, sollte über eine Erfassung in der Novemberabrechnung 2024 nachgedacht werden.
     
  • Darf die Steuerbefreiung eventuell für kurz vor der Verkündigung des Gesetzes in Tarifabschlüssen vereinbarte Einmalzahlungen angewendet werden?
     
  • Ist das Prinzip des „Arbeitslohns von Dritter Seite“ (§38 Abs. 1 S. 3 EStG) auf die Inflationsprämie anwendbar?
    Hierbei handelt es sich z.B. um die Konstellation, dass die Konzernmutter die Zahlung der Prämie an den Mitarbeiter der Tochtergesellschaft vornimmt, die Zahlung aber in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis steht. Da die Tochtergesellschaft als Arbeitgeber auch für diesen „Drittlohn“ grundsätzlich die Lohnsteuer zu ermitteln und bei Steuerpflicht einzubehalten hat, sollte auch hier die Vergünstigung Anwendung finden können.


Artikel: Update: FAQ-Liste zur Inflationsausgleichsprämie veröffentlicht

 

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  • Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Anna Margareta Gehrs

    Dipl.-Kfm.
    Anna Margareta Gehrs

    Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin, Sustainability-Auditor IDW

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