BFH klärt die Voraussetzungen für die erbschaftsteuerliche Begünstigung von Wohnungsunternehmen
Stückmann Ad hoc 2018/02
In seinem Urteil vom 24.10.2017 (veröffentlicht am 21.02.2018) knüpft der BFH bei der Beurteilung, ob Grundstücke einer Wohnungsvermietungsgesellschaft zum erbschaftsteuerlich begünstigten Betriebsvermögen gehören, an die ertragsteuerliche Beurteilung für gewerbliche Einkünfte an. Danach kommt es nicht auf die Anzahl der von der Wohnungsvermietungsgesellschaft unterhaltenen Wohnungen an, sondern auf die von der Gesellschaft angebotenen Zusatzleistungen.
Die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen nach §§ 13a, 13b ErbStG kann nach neuer sowie nach alter Rechtslage nicht für sog. Verwaltungsvermögen in Anspruch genommen werden. Insbesondere an fremde Dritte vermieteter Grundbesitz ist somit grundsätzlich nicht begünstigungsfähig. Eine Ausnahme bilden Wohnungen, die im Rahmen einer Wohnungsvermietungsgesellschaft im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Buchst. d) ErbStG vermietet werden. Die Finanzverwaltung hat die Frage des Vorliegens eines für die Annahme einer Wohnungsvermietungsgesellschaft erforderlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes vorrangig anhand der Anzahl der Wohnungen beantwortet. Bei einer Anzahl von mehr als 300 vermieteten Wohnungen konnte regelmäßig vom Erfordernis eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ausgegangen werden.
Der BFH lehnt die Auffassung der Finanzverwaltung ausdrücklich ab. Für die Gewährung der erbschaftsteuerlichen Begünstigung ist nicht auf die Anzahl der Wohnungen abzustellen, sondern die ertragsteuerliche Beurteilung heranzuziehen. Demnach ist für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes maßgeblich, ob originär gewerbliche Einkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden. Damit eine erbschaftsteuerliche Begünstigung gewährt werden kann, müssen neben der grundsätzlich privaten Vermietungstätigkeit weitere bestimmte, ins Gewicht fallende und nicht übliche Sonderleistungen durch die Gesellschaft erbracht werden.
Aufgrund der ausdrücklichen Ablehnung der von der Finanzverwaltung bislang als Regelbeispiel vorgesehenen Grenze von 300 Wohnungen ist zu erwarten, dass zukünftig eine Begünstigung für Gesellschaften mit mehr als 300 Wohnungen schwerer zu erreichen sein wird. Auch für diese Gesellschaften wird zu prüfen sein, ob die geforderten nicht üblichen und ins Gewicht fallenden Sonderleistungen durch die Gesellschaft erbracht werden. Sofern dies nicht der Fall ist, wird eine erbschaftsteuerliche Begünstigung versagt. Andererseits eröffnet das Urteil die Möglichkeit, eine erbschaftsteuerliche Begünstigung für kleinere Wohnungsvermietungsgesellschaften zu erreichen. Zukünftig wird nicht mehr auf die Größe der Wohnungsvermietungsgesellschaften abgestellt, sondern auf die im Einzelfall über die Vermietung hinaus erbrachten Neben- bzw. Sonderleistungen. Solche Sonderleistungen können nach dem Urteil die Übernahme der Reinigung der vermieteten Wohnungen oder die Bewachung des Gebäudes sein. Liegen Leistungen über das normale Maß der Vermietungstätigkeit hinaus vor, hat die Grundstücksvermietung insgesamt gewerblichen Charakter. Damit wären die Grundstücke erbschaftsteuerlich begünstigungsfähiges Vermögen.