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Grundsatzurteil des BFH zur erbschaftsteuerlichen Begünstigung aufgrund der sog. „Poolvereinbarung“ bei Kapitalgesellschaften – BFH klärt offene Frage zugunsten der Steuerpflichtigen

Mit Urteil vom 20.2.2019 Az: II R 25/16 klärt der BFH einige offene Fragen zur erbschaftsteuerlichen Begünstigung aufgrund einer sog. „Poolvereinbarung“ bei Kapitalgesellschaften, insbesondere welche Formerfordernisse bestehen.

Hintergrund

Grundsätzlich sind Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn sie 25% oder weniger des Nennkapitals umfassen, erbschaftsteuerlich nicht begünstigt. Sie stellen sog. schädliches Verwaltungsvermögen dar. Dies galt nach dem alten Erbschaftsteuerrecht (2009) und gilt auch nach dem neuen Erbschaftsteuerrecht (2016). Allerdings können Anteile verschiedener Gesellschafter für die erbschaftsteuerliche Begünstigung zusammengerechnet werden, wenn die Gesellschafter eine sog. Poolvereinbarung schließen und danach

a) nur einheitlich über die Anteile verfügen oder diese ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner übertragen werden können und
b) das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich ausüben können.

Erreichen die in einer Poolvereinbarung gebundenen Gesellschafter in ihrer Gesamtheit mehr als
25 % des Nennkapitals, dann greifen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 bzw. Abs. 4 Nr. 2 ErbStG (alte Fassung § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG [2009]) die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen, selbst wenn der einzelne Gesellschafter als Schenker oder Erblasser 25 % oder weniger der Anteile hält.

Bisher war streitig, ob – wie von der Finanzverwaltung gefordert – eine gesonderte Poolvereinbarung erforderlich ist oder Regelungen insbesondere aus der Satzung ausreichen. Der BFH lässt bezüglich der o. g. Verfügungsbeschränkung Regelungen in der Satzung (Gesellschaftsvertrag) der Kapitalgesellschaft ausreichen. Viele Familienunternehmen, die entsprechende Verfügungsbeschränkungen in der Satzung bereits haben, dürften das Tatbestandsmerkmal ohne gesonderte Vereinbarung erfüllen.

Im Hinblick auf die einheitliche Ausübung des Stimmrechts stellt der BFH zunächst klar, dass eine Poolvereinbarung zur Stimmrechtsausübung auch möglich ist, wenn sämtliche Gesellschafter, also 100 % der Gesellschafter, in der einheitlichen Stimmrechtsausübung gebunden sind.

Der BFH lässt bei der einheitlichen Stimmrechtsausübung zwar faktische oder langjährige oder moralisch gebundene Stimmrechtsausübungen nicht genügen, aber er stellt keine zu großen Anforderungen an die Form der Vereinbarung. Vereinbarungen über die Stimmrechtsausübung können schriftlich oder mündlich vereinbart werden, maßgeblich ist, ob ein zivilrechtlich einklagbarer Anspruch auf eine entsprechende einheitliche Stimmrechtsausübung besteht.

Fazit

Das BFH Urteil bringt für die sog. „Poolvereinbarung“ bei Kapitalgesellschaften große Erleichterungen mit sich. Bei vielen Familienunternehmen, in deren Satzung bereits eine beschränkte Übertragbarkeit von Anteilen – nämlich nur auf Familienmitglieder – enthalten ist, dürfte allein diese Regelung ausreichen bzw. kann eine solche Regelung aufgenommen werden, um das Merkmal der einheitlichen Verfügung der Anteile zu erfüllen. Bezüglich der einheitlichen Stimmrechtsausübung stellt der BFH zwar keine allzu hohe formelle Anforderung, aber maßgeblich ist die zivilrechtlich einklagbare Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf einheitlichen Stimmrechtsausübung. Deshalb sollte hier großes Augenmerk auf eine rechtlich klare und (auch) schriftliche Regelung gelegt werden.

Ansprechpartner

  • Steuerberater und Rechtsanwalt Dr. Thomas Beckmann

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  • Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Niels Doege

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