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BFH: Optionsantrag zur Vollver­schonung von Betriebs­vermögen („100% Steuerbefreiung“) im Schenkungsfall kann für jede übergehende wirtschaftliche Einheit gesondert gestellt werden

Veröffentlicht: 26. Oktober 2022

Verfehlt die wirtschaftliche Einheit aber die Voraussetzung der Vollverschonung, wird keine Steuerbefreiung (auch keine Regelverschonung 85% Steuerbefreiung) gewährt.

1. Der BFH hat in seinem Urteil vom 26.07.2022 – II R 25/20 entschieden, dass der Optionsantrag zur sog. Vollverschonung von Betriebsvermögen bei zeitgleichem Übergang mehrerer wirtschaftlicher Einheiten für jede Einheit gesondert gestellt werden kann. Auch für die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Vollverschonung ist jede Einheit gesondert zu betrachten.

2. Liegen die notwendigen Voraussetzungen nach Stellung des Optionsantrags letztlich nicht vor oder fallen diese später weg, ist kein Rückfall auf die Regelverschonung möglich, da der Optionsantrag unwiderruflich ist.

Der Optionsantrag zur erb- und schenkungsteuerlichen Vollverschonung (= steuerliche Verschonung von 100% des begünstigten Betriebsvermögens) bei gleichzeitiger unentgeltlicher Übertragung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten kann für jede wirtschaftliche Einheit gesondert gestellt werden kann. Die Finanzverwaltung hatte insoweit den Standpunkt vertreten, dass der Antrag dann zwingend nur einheitlich für alle wirtschaftlichen Einheiten gestellt werden kann. Entsprechend ist das Vorliegen der Voraussetzungen, wie beispielsweise die Einhaltung der sog. Verwaltungsvermögensquote (nach altem Recht: 10%; Rechtslage ab 01.07.2016: 20%), die verlängerte Haltefrist von sieben Jahren (gegenüber 5 Jahren bei Regelverschonung) sowie die höhere Lohnsumme von 700% (gegenüber 400% bei Regelverschonung), auch für jede wirtschaftliche Einheit gesondert zu beurteilen.

Wenn sich nach Antragstellung herausstellt, dass die Voraussetzungen der Vollverschonung nicht erfüllt sind oder diese nachträglich wegfallen, (z.B. durch Änderungen im Rahmen einer Betriebsprüfung) ist ein Rückfall auf die gesetzliche Regelverschonung (Verschonung von 85% des begünstigten Vermögens) ausgeschlossen. In diesem Fall unterliegt der gesamte Wert des Betriebsvermögens dieser wirtschaftlichen Einheit der Erb- oder Schenkungsteuer!   

Die Entscheidung erging zu einem schenkungsteuerlichen Sachverhalt. Die Gründe müssen aber konsequenterweise auch im Erbfall gelten.

Fazit

Für Steuerpflichtige, die mehrere Betriebsvermögen in einem einheitlichen Rechtsakt unentgeltlich erhalten, bedeutet dies mehr Flexibilität bei der Wahl der Verschonung. Das zur Rechtslage vor dem 01.07.2016 ergangene Urteil des BFH ist auch für das aktuell geltende Recht anwendbar, da die grundlegende Systematik der Verschonungsregelungen insoweit unverändert ist.

Vorsicht ist nach wie vor geboten, wenn nicht sicher ist, ob die Voraussetzungen der Vollverschonung letztlich eingehalten werden (können). Da bei einem Verstoß kein Rückfall auf die Regelverschonung möglich ist, sollte in diesen Fällen die Entscheidung zur Optionsverschonung so lange wie möglich herausgezögert werden, gegebenenfalls unter Nutzung von Rechtsmitteln.

Ansprechpartner

  • Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Niels Doege

    Niels Doege

    Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Partner

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  • Rechtsanwältin und Steuerberaterin Christina Freifrau von Eckardstein

    Dipl.-Finanzw. (FH)
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  • Rechtsanwalt und Steuerberater Julian Jeschke

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