BFH: Sachverständigengutachten bei der Unternehmensbewertung
Stückmann Ad Hoc 2018/12
Verfahrensfehlerhafte Ermessensausübung des FG bei Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens: Finanzgerichte müssen bei Fragen über den Unternehmenswert im Regelfall ein Sachverständigengutachten einholen.
Problemstellung
Die Frage ist, wann das Finanzgericht nach pflichtgemäßem Ermessen einen Sachverständigen hinzuziehen muss.
Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Mit Beschluss vom 5. Oktober 2018 mit Az: 48/18 entschied der BFH, dass bei einem Streit über den Wert einer Beteiligung bzw. eines Unternehmens grundsätzlich ein Sachverständigengutachten einzuholen ist. Dem Finanzgericht fehlt regelmäßig die eigene Sachkunde. Dies gilt gerade bei einer Bewertung nach dem Standard der Wirtschaftsprüfer für Unternehmensbewertung IDW S1, da die Wertermittlung komplex ist und besondere Sachkunde voraussetzt. Diese Sachkunde dürfte dem Finanzgericht regelmäßig fehlen; deshalb ist ein Sachverständiger hinzuziehen.
Fazit
Bewertungsfragen - sei es der Unternehmenswert oder der Wert eines einzelnen materiellen oder immateriellen Wirtschaftsguts - rücken immer mehr in den Fokus des Finanzrechtsstreits. Bei Betriebsprüfungen zieht das Finanzamt immer häufiger Fachprüfer für Unternehmensbewertung hinzu. Der Steuerpflichtige ist nach der aktuellen Entscheidung des BFH nicht schutzlos. Kommt es zu einen finanzgerichtlichen Streit kann und darf der Steuerpflichtige verlangen, dass das Finanzgericht ein Sachverständigengutachten eines unabhängigen Dritten einholt. Steuerpflichtige sollten frühzeitig bereits in Betriebsprüfung bei Bewertungsfragen selber eigene Sachverständige einbeziehen. Betriebswirtschaftlich ist die Wertfindung äußerst komplex. Mit besonderen berufsständischen Standards (z. B. IDW S 1 für die Unternehmensbewertung, IDW S 5 für immaterielle Vermögensgegenstände [steuerlich Wirtschaftsgüter]) kann der eigene Sachverständige die Wertfindung in der Betriebsprüfung unterstützen. Kommt es im Anschluss dennoch zum Streit, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige zu ähnlichen Werten gelangt, weil dieser dieselben Bewertungsstandards nutzt (z.B. IDW S1, IDW S 5).
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