EuGH: Sanierungsklausel ist anwendbar
Stückmann ad hoc 2018/07
Mit Urteil vom 28.06.2018 hat der EuGH entschieden, dass die Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG nicht gegen das EU-Beihilferecht verstößt.
Liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb im Sinne des § 8c Abs. 1 KStG, zum Beispiel bei der Übertragung von GmbH-Anteilen in der Höhe von 100 %, vor, entfällt für das Unternehmen die Möglichkeit bisher erzielte Verluste mit künftigen Gewinnen zu verrechnen (sog. Verlustbeschränkung). Für die Jahre ab 2008 hat der Gesetzgeber in § 8c Abs. 1a KStG eine Ausnahmeregelung zur Verlustbeschränkung, die sog. Sanierungsklausel, geregelt. Danach liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb nicht vor, wenn die Anteilsübertragung zum Zwecke der Sanierung des Unternehmens erfolgt. Durch einen Verlustvortrag kann unter anderem eine Steuerlast durch Sanierungsgewinne gemindert werden.
Im Jahr 2011 erklärte die Europäische Kommission, dass die Sanierungsklausel als unionsrechtswidrige staatliche Beihilfe einzustufen sei. Folglich konnte die Sanierungsklausel seit 2011 nicht mehr angewendet werden. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) bestätigte den Beschluss der Europäischen Kommission im Jahr 2016. In zweiter Instanz hat der EuGH als höchstes europäisches Gericht die Entscheidung des EuG aufgehoben.
Mit Urteil vom 28.06.2018 – C-203/16 P entschied der EuGH letztinstanzlich und entgegen der Auffassung der Europäischen Kommission sowie des EuG. Mit der Sanierungsklausel liegt kein Verstoß des deutschen Gesetzgebers gegen das EU-Beihilferecht vorliegt. Der Beschluss der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2011 wurde für nichtig erklärt.
Bemerkenswert ist der Begründungsansatz des EuGH. Der EuGH stellte fest, dass Verluste eines Unternehmens bei einem Anteilswechsel dem Grundsatz nach erhalten bleiben. Die Rückausnahme durch die Sanierungsklausel kann daher keinen selektiven Vorteil, und damit keine unzulässige Beihilfe begründen. Im Wesentlichen hat der EuGH aufgrund dieser Sichtweise den Beschluss der Europäischen Kommission vollständig verworfen.
Sobald die Entscheidung des EuGH im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, kann die Sanierungsklausel in allen noch nicht bestandkräftigen Steuerfestsetzungen (wieder) angewendet werden. Zudem ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung sich zu der Verfahrensweise mit offenen Anwendungsfällen äußern wird.