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Gewerblicher Grundstückshandel nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums?

Veröffentlicht: 26. Juni 2024 aus Rundschreiben Immo­bilien­steuerrecht 1-2024
Von: Prof. Dr. Oliver Middendorf, Mike Rickermann

Bei der Veräußerung mehrerer im Privatvermögen gehaltener Grundstücke stellt sich häufig die Frage, ob der Steuerpflichtige einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt und damit die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung hin zu einer gewerblichen Tätigkeit überschreitet. Aufgrund der sich ergebenden steuerlichen Konsequenzen (u. a. keine Gewährung von Abschreibungen, Gewerbesteuerpflicht) ist die Abgrenzung von hoher steuerlicher Bedeutung. In diesem Zusammen-hang hat das Finanzgericht (FG) Münster ein erfreuliches Urteil gefällt.

 

Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt in der Regel vor, wenn der Veräußerer beim Erwerb seines Grundvermögens eine unbedingte oder zumindest bedingte Veräußerungsabsicht hatte.

Als Indiz für eine bedingte Veräußerungsabsicht gilt die sog. „Drei-Objekt-Grenze“. Danach ist die Veräußerung von mehr als drei Objekten im Sinne der Drei-Objekt-Grenze innerhalb eines Fünfjahreszeitraums grundsätzlich gewerblich. In die Bewertung nach der Drei-Objekt-Grenze werden Objekte einbezogen, die innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs errichtet, erworben oder modernisiert und veräußert wurden. Von einem solchen engen zeitlichen Zusammenhang ist in der Regel bei einer Zeitspanne von nicht mehr als fünf Jahren auszugehen.

Die zeitliche Grenze von fünf Jahren hat allerdings keine starre Bedeutung. Ein gewerblicher Grundstückshandel kann bei Hinzutreten besonderer Umstände auch bei Veräußerungen nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums, aber innerhalb von zehn Jahren vorliegen. Solche besonderen Umstände sollen z. B. vorliegen, wenn es sich bei dem Steuerpflichtigen um einen Branchenkundigen handelt oder der Fünfjahreszeitraum nur geringfügig überschritten wird.

Das FG Münster ist in seinem Urteil vom 26.4.2023 zu dem Ergebnis gekommen, dass in dem zugrunde liegenden Streitfall bei der Veräußerung von 13 Objekten jeweils innerhalb von mindestens fünf Jahren und fünf Monaten nach dem Erwerb der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird. Nach der Auffassung des FG lagen keine besonderen Umstände vor, aufgrund derer trotz Überschreitung des Fünfjahreszeitraums von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen sei:

  • Demnach führte die Klägerin (eine Kapitalgesellschaft) keinen dem Grundstückshandel branchennahen Hauptberuf aus. Ihr Unternehmensgegenstand war die Verwaltung eigenen Grundbesitzes durch Vermietung und Verpachtung. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass zu der Unternehmensgruppe der Klägerin auch Gesellschaften gehörten, deren Unternehmenszweck u. a. der Handel mit Immobilien war. Eine Zurechnung der Tätigkeiten anderer gruppenzugehöriger Gesellschaften sei aufgrund des körperschaftsteuerlichen Trennungsprinzips und der damit einhergehenden Abschirmwirkung der Kapitalgesellschaft nicht zulässig.
  • Die Überschreitung des Fünfjahreszeitraums von etwa fünf bis sieben Monaten hielt das FG nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Urteilsfall nicht für geringfügig.
  • Lediglich die hohe Anzahl an veräußerten Objekten könne für einen gewerblichen Grundstückshandel sprechen. Aber auch das sei im Urteilsfall nicht ausreichend, weil nach Auffassung des FG auch gegen-läufige Umstände zu berücksichtigen seien. So sprach vorliegend die Tatsache, dass die Veräußerung der Objekte auf das überraschende Versterben eines der Gesellschafter-Geschäftsführer zurückzuführen sei, gegen eine bedingte Veräußerungsabsicht.

Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bundesfinanzhof (BFH) der Entscheidung des FG Münster anschließt; die Revision wurde eingelegt.

Hinweis

Die Grundsätze des gewerblichen Grundstückshandels wurden durch die Rechtsprechung entwickelt, d. h., dass es sich regelmäßig um einzelfallbezogene Prüfungen handelt. Dies zeigt auch das vorliegende Urteil des FG Münster. Die Vielzahl der bislang ergangenen Urteile verdeutlicht die Komplexität der Abgrenzung der gewerblichen von der vermögensverwaltenden Sphäre. Wenn Sie Fragen rund um Immobilienveräußerungen und deren mögliche steuerliche Folgen haben, sprechen Sie uns einfach an.

Dipl.-Kfm. Prof. Dr. Oliver Middendorf

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Partner

+49 40 822169034

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Immo­bilien­steuerrecht 1-2024

Veröffentlicht: 26. Juni 2024

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