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Ist die grunderwerbsteuerliche Steuerbefreiung für Umstrukturierungen (§ 6a GrEStG) eine europarechtlich unzulässige Beihilfe?

Bundesfinanzhof bejaht weite Auslegung der Vorschrift, legt die Frage, ob die Vorschrift eine unzulässige staatliche Beihilfe darstellt, aber dem EuGH vor.

Umstrukturierungen in einem Konzern oder einer Unternehmensgruppe (z.B. eine Verschmelzung von Gesellschaften) können Grunderwerbsteuer auslösen. Um das hierdurch entstehende Umstrukturierungshindernis zu beseitigen, hat der Gesetzgeber vor einigen Jahren eine Grunderwerbsteuerbefreiung für Umstrukturierungen vorgesehen, wenn bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden.

Die Finanzverwaltung legte diese Steuerbefreiung, § 6a Grunderwerbsteuergesetz, bislang eng aus. Der Bundesfinanzhof hat nun in dem aktuellen Beschluss der engen Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen.

5-jährige Nachlauffrist ist nicht verletzt, wenn übertragender Rechtsträger untergeht.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes kann entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung auch eine Umstrukturierung in der Form der Verschmelzung mit Auflösung des übertragenden grundbesitzenden Rechtsträgers unter die Steuerbefreiung fallen. Die im Gesetz vorgesehene nachlaufende fünfjährige Beteiligungspflicht an dem übertragenden Rechtsträger, besteht bei dem hier vorliegenden Untergang des übertragenden Rechtsträgers nicht.

Der Bundesfinanzhof begründet diese Ansicht damit, dass die Steuerbegünstigung auch dann bestehen muss, wenn aus umwandlungsrechtlichen Gründen die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nicht eingehalten werden können.

Übertragbarkeit der Entscheidungsbegründung auf Nichtverletzung der fünfjährigen Vorbesitzzeit als gesetzliche Voraussetzung?

Der Bundesfinanzhof hatte im Entscheidungsfall nur die Nichteinhaltung der fünfjährigen Nachlauffrist zu entscheiden. Eine ähnliche Frage stellt sich aber auch für die gesetzliche Voraussetzung einer fünfjährigen Anteilsvorbesitzzeit. Z.B. kann bei einer Verschmelzung auf eine neu zu gründende Gesellschaft die fünfjährige Vorbesitzzeit hinsichtlich des aufnehmenden Rechtsträgers nicht eingehalten werden. Die Finanzverwaltung versagt in diesen Fällen die Steuerbegünstigung, obwohl die  Voraussetzung allein aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden kann, die ihre Ursache in der Art der Umwandlung haben. Die Begründung des Bundesfinanzhofes spricht dafür, auch in solchen Fällen die gesetzlichen Voraussetzungen der Steuerfreiheit als gegeben anzunehmen. Entschieden hat der Bundesfinanzhof diese Fallgruppe aber noch nicht. Da bezüglich dieser Rechtsfrage bereits ein Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig ist (Az. II R 56/15), sollte gegen eine Grunderwerbsteuerfestsetzung Einspruch eingelegt und unter Hinweis auf das anhänige Verfahren ein Ruhen des Einspruchsverfahrens beantragt werden.

Auch reine Holdinggesellschaften können herrschende Unternehmen im Sinne des § 6a GrEStG sein

Der Bundesfinanzhof hat entgegen der Auffassung des Finanzverwaltung entschieden, dass der als herrschendes Unternehmen an der Umwandlung beteiligte Rechtsträger kein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG sein muss. Ausreichend sei, wenn das herrschende Unternehmen über ein abhängiges Unternehmen am Markt teilt nimmt.

Verbotene staatliche Beihilfe?

Der Bundesfinanzhof hat in einem aktuellen Beschluss die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen für gegeben erachtet, den Fall aber dennoch dem EuGH vorgelegt. Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob die deutsche Steuerbefreiung eine nach EU-Recht unzulässige staatliche Beihilfe darstellt. Dies hat nun der EuGH zu entscheiden. Sollte die Vorschrift als unzulässige staatliche Beihilfe qualifiziert werden, kann Deutschland verpflichtet werden, die Steuervorteile aus der gewährten Steuerbefreiung von den begünstigten Unternehmen zurückzufordern. Das EU-Beihilferecht sieht dabei vor, dass Deutschland die Steuervorteile aus der zu Unrecht gewährten Steuerbefreiung auch dann zurückfordern muss, wenn die Verfahren nach deutschem Recht bestandskräftig sind. Ein Vertrauensschutz besteht hier nicht. Auf die Rückforderung sind zusätzlich noch Zinsen zu zahlen.

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