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Berücksichtigung finaler Auslandsverluste – Totgesagte leben länger

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 12.06.2018 in der Rechtssache Bevola und Trock entschieden, dass eine steuerliche Nichtberücksichtigung finaler EU-Betriebsstättenverluste im Inland gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Damit hat der Gerichtshof seine Rechtsprechung in diesem Bereich erneut geändert.

Hintergrund

Die Frage der Berücksichtigung finaler Auslandsverluste bewegt die nationalen und europäischen Gerichte nun bereits seit geraumer Zeit. In seiner früheren Rechtsprechung hatte der EuGH einen solchen Abzug sowohl im Falle von Auslandsbetriebsstätten als auch bei ausländischen Tochterkapitalgesellschaften im Grundsatz bejaht, soweit es sich um Verluste handelte, die endgültig nicht mehr nutzbar waren. Für die Praxis und die nationalen Gerichte stellte sich dann hauptsächlich nur noch die Frage, wann Verluste „final“ sind, um für eine Berücksichtigung in Frage zu kommen.

Mit seiner Entscheidung in der Rechtssache Timac Agro vom 17.12.2015, die das deutsche Recht unmittelbar betraf, hatte der EuGH allerdings eine Kehrtwende vollzogen. Danach sei die grenzüberschreitende Konstellation mit einem rein nationalen Sachverhalt nicht objektiv vergleichbar, wenn die im Ausland erwirtschafteten Gewinne im Inland nicht der Besteuerung unterliegen. Somit komme eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit bereits im Ausgangspunkt nicht in Betracht. Nach einhelliger Meinung im Fachschrifttum und auch des BFH war aufgrund dieser EuGH-Entscheidung eine Berücksichtigung finaler Auslandsverluste unter Berufung auf die Niederlassungsfreiheit nunmehr regelmäßig ausgeschlossen.

Aktuelle Entscheidung des EuGH

In ihrem Urteil vom 12.06.2018 in der Rechtssache Bevola und Trock, die die Berücksichtigung finaler EU-Betriebsstättenverluste in Dänemark betraf, ist die Große Kammer des EuGH wieder zu der bisherigen Rechtsprechung vor Timac Agro zurückgekehrt. Eine Vergleichbarkeit von nationalem und grenzüberschreitendem Sachverhalt sei auch dann gegeben, wenn wie im Streitfall ausländische Betriebsstättenergebnisse im Inland von der Besteuerung freigestellt werden – dies ist auch in Deutschland regelmäßig der Fall. Eine Nichtberücksichtigung finaler Verluste stelle eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar.

Praktische Konsequenzen

Die aktuelle EuGH-Entscheidung zeigt erneut auf, mit welchen Unsicherheiten das Vertrauen auf die Rechtsprechung des EuGH im Bereich der direkten Steuern verbunden ist. Es erscheint weiterhin nicht abschließend geklärt, ob und unter welchen Bedingungen eine Berücksichtigung ausländischer Verluste im Inland primärrechtlich verpflichtend ist. Jedoch deutet die Entscheidung in der Rechtssache Bevola und Trock darauf hin, dass der EuGH einen Abzug finaler Verluste (nun wieder) grundsätzlich als möglich und geboten erachtet. Beim BFH ist aktuell noch ein Verfahren zu der Thematik anhängig. Hierbei wird sich der Gerichtshof mit der geänderten EuGH-Rechtsprechung auseinandersetzen müssen. Mit Spannung zu erwarten wird sein, wie sich der BFH positioniert und ob er gegebenenfalls eine erneute Vorlage an den EuGH in Betracht zieht.

In jedem Fall ist betroffenen Steuerpflichtigen anzuraten, entsprechende Steuerbescheide mit Verweis auf die genannte EuGH-Entscheidung sowie das anhängige BFH-Verfahren offenzuhalten. Da nach Auffassung des EuGH Betriebsstätten und Tochterkapitalgesellschaften insoweit als gleichgestellt anzusehen sind, gilt diese Empfehlung nicht nur für finale Betriebsstättenverluste, wie sie der Urteilsfall betraf, sondern auch für finale Verluste von EU-Tochtergesellschaften.

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